SWR4 Abendgedanken
„Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln!“ Das ist der Beginn des 23. Psalms, dessen Worte vielen Menschen vertraut sind. Der Psalm gehört noch heute zu den Kerntexten im Religions- und Konfirmandenunterricht – nur mit dem früher üblichen Auswendiglernen tun sich meine Konfirmanden heute eher schwer. „Warum auswendig lernen? So was kann man doch schnell auf dem Handy suchen.“
Vor kurzem habe ich eine Frau in einem hohen Alter zu Hause besucht. Voller Stolz hat sie mir ein altes Bild über ihrem Sofa gezeigt. „Dieses Bild hat mich mein Leben lang begleitet, es hing schon über meinem Bett im Kinderzimmer!“ Auf dem Bild war ein Hirte zu sehen, der eine Herde Schafe hütet. Vertrauensvoll schmiegten sich die Schafe an ihn. „Dies Bild ist für mich ein Lebensschatz“ hat die alte Frau mir gesagt. „Psalm 23 – der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln!“ Und sie fügte an: „Mir hat die Vorstellung, dass Gott als guter Hirte an meiner Seite ist, immer gutgetan. Der gute Hirte lässt mich nicht allein, freut sich mit mir und ist auch in den dunklen Zeiten meines Lebens in meiner Nähe. Gerade da fühlt man sich ja oft allein. Hier und da habe ich mein Bild angeschaut und den Hirten dann gefragt: Na, wo steckst du denn? Ich könnte dich jetzt gut gebrauchen. Manchmal habe ich erst später verstanden, dass Gott bei mir war. Vielleicht hat er hat mich auf den ein oder anderen Weg geführt, den ich gar nicht gesehen habe!“
„Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln!“ was für ein schöner Psalm! Der Lebensschatz einer alten Frau. Das Wissen darum, dass Gott auch in schweren Zeiten an meiner Seite steht.
Seit dem Besuch habe ich angefangen mir ein paar Texte zusammenzusuchen, die mir guttun und Kraft schenken, so wie der Psalm 23 der Frau. Darunter sind ein paar Worte aus der Bibel, Gedichte und auch Lieder. Sicher, solche Texte lassen sich immer bei Bedarf schnell nachschlagen oder im Internet finden, aber Lebenstexte, die zu einem Lebensschatz im eigenen Herzen heranreifen, sollten sofort da sein: In mir drin oder in meiner Schatzkiste. Vielleicht sollte ich mit den Konfirmanden solche anlegen. Ob und wie sie sie dann füllen, entscheidet jeder selbst.
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