SWR4 Abendgedanken
In Washington wurde vor dem Kapitol schon manche Rede gehalten. Einige wenige haben sich in das Gedächtnis der Weltgeschichte eingeschrieben. Dazu gehören die Worte von Abraham Lincoln zur Abschaffung der Sklaverei und die Rede, die Martin Luther King im Sommer 1963 gehalten hat. Seine Worte „I have a dream – „Ich habe einen Traum“ stehen für einen Wendepunkt in der Geschichte der Vereinigten Staaten – es ist der große Ruf zu einem Leben, das von Freiheit, gegenseitigem Respekt und einem friedlichen Miteinander geprägt ist.
Um diesen Gedanken für die Vereinigten Staaten festzuhalten, wurde 1986 nach langen Debatten der „Martin-Luther-King-Tag“ als Bundesfeiertag eingeführt. An diesem Feiertag sollen die Menschenrechte im Land der unbegrenzten Möglichkeiten besondere Aufmerksamkeit erfahren. Die Gleichheit aller Menschen soll mehr als ein Traum sein, sie soll in diesem Land miteinander gelebt werden. Sie ist die Grundlage der Demokratie und fest in der christlichen Wertevorstellung verankert. Das ist kein Wunder, denn Martin Luther King war ein Baptistenpastor. Er hat daran geglaubt, dass Veränderungen mit Gottes Hilfe möglich sind. Darum hat er es in der Tradition der biblischen Propheten gewagt, Missstände in der Gesellschaft zu benennen und zu einer Umkehr im Denken und im Miteinander aufzurufen: Wenn Gott alle Menschen geschaffen hat, dann gibt es keinen Grund, von der Gleichheit aller Menschen nur zu träumen, sondern sie ist schon vorgegeben, es liegt an uns, sie zu leben.
In den Vereinigten Staaten wird heute am Martin-Luther-King-Tag dazu aufgerufen, mit anderen Menschen Zeit zu verbringen. „Share your time: Teile deine Zeit“ heißt es an vielen Orten. Freiwillige lesen Kindern etwas vor oder besuchen Senioreneinrichtungen, andere sammeln gemeinsam an den Stränden Müll ein, damit die Umwelt für alle sauberer ist. Nachbarschaftsfeste werden gefeiert. Mir gefällt die Idee dieses Tages: Träume müssen keine Träume bleiben, sie können Wirklichkeit werden. Das passiert nicht einfach so, sondern irgendein Mensch muss damit beginnen, einen Traum in die Hand zu nehmen und ihn Wirklichkeit werden zu lassen.
Ich hoffe, dass ein wenig vom Geist dieses amerikanischen Feiertages auf den Geist des neuen amerikanischen Präsidenten am Tag seiner Einführung wirkt.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41410