Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

18JAN2025
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Von bunten Magneten gehalten tummeln sie sich an meiner Kühlschranktür: Einkaufslisten, To-do Listen, das Blatt mit den guten Vorsätzen aus der Silvesternacht und der neue Abfallkalender mit den Terminen für die Müllabfuhr. Dazwischen die Postkarte mit der Jahreslosung. Auch die hält für dieses Jahr eine Aufgabe fest: „Prüft alles und behaltet das Gute“, steht in bunten Buchstaben drauf zu lesen. Lauter Sachen, die es früher oder später zu erledigen gilt. Zwischen Kühlschrank auf und Kühlschrank zu werde ich dauernd dran erinnert, was noch alles zu tun ist. Und manche Zettel hängen da mitunter ganz schön lange.

Meine Freundin, an deren Kühlschranktür es genauso aussieht, hat mir jetzt erzählt, dass sie jeden Samstag noch eine zusätzliche Liste anfertigt. Aber keine, die noch mehr Aufgaben formuliert, sondern eine, auf der sie notiert, was sie in der zurückliegenden Woche alles gemacht hat. Keine To do-Liste, sondern eine Have-done-Liste. Dafür nimmt sie ein buntes Papier und beklebt es an den Rändern mit Sachen, die sie irgendwo ausgeschnitten hat. Oder sie tunkt eine Lavendelblüte aus ihrem Garten in einen Topf mit Farbe und verschönert das Papier mit den Abdrücken. Und dann schreibt sie auf, was sie in dieser Woche alles schon erledigt hat. „Eingekauft“ steht da fast immer, aber jetzt auch Weihnachtsdekoration abgebaut und auf dem Dachboden verstaut, ein altes Regal entdeckt, gestrichen und verschenkt, zwei Mal für die Nachbarin in der Apotheke gewesen, fünf Mal Spülmaschine ausgeräumt, einen Spaziergang gemacht, in der Chorprobe ein neues Lied gelernt. Lauter ganz alltägliche Dinge; eigentlich sind sie nicht der Rede wert, und doch der Stoff, aus dem das Leben besteht. Die Listen erheben keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit, aber, so sagt meine Freundin, sie tragen ganz erheblich zu ihrer inneren Zufriedenheit bei. Denn sie bilden ein starkes Gegengewicht zu dem, was immer noch zu tun übrigbleibt, und beweisen, dass zwischen Kühlschrank auf und Kühlschrank zu immer auch eine ganze Menge geschafft wird. Und ganz nebenbei entsteht auf diese Weise am Ende eines Jahres ein ganz besonderer Kalender mit 53 bunten Blättern. Eine gute Idee! Ich werde mal prüfen, ob ich sie für mich behalte.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=41382
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