Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

15JAN2025
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Die Stimme eines Menschen ist wie sein Fingerabdruck. Einzigartig. Bestimmt fallen Ihnen auch sofort ein paar unverwechselbare Sprechstimmen ein. Von Schauspielern oder Politikerinnen. Von Leuten, die in der Öffentlichkeit zu Wort kommen. Bei mir hat sich zum Beispiel von den Märchenschallplatten, die ich als Kind gehört habe, die Stimme von Hans Clarin ganz fest eingeprägt. Später hat er sie dem Pumuckl im Fernsehen geliehen. Auch heute höre ich noch gerne Hörbücher. Manches Buch hätte ich bestimmt nicht zu Ende gelesen, wenn es mir nicht Matthias Brandt oder die gerade erst verstorbene Hannelore Hoger bis zum Ende vorgelesen hätte. Und umgekehrt: Als der Pfarrer am Heiligabend sich gleich am Anfang des Gottesdienstes dafür entschuldigt hat, dass er leider ausgerechnet heute ziemlich heiser sei, da konnte ich gut mitfühlen. Ob ich an seiner Stelle allerdings den Mut gehabt hätte, meine Predigt von einer anderen Person vortragen zu lassen, die besser bei Stimme ist? Ich weiß es nicht. Tatsache ist, dass ohne eine überzeugende Stimme auch die beste Botschaft nicht wirklich überzeugend wirkt. 

Und wie wohl Gottes Stimme klingt? Das habe ich mich schon oft gefragt. Denn in der Bibel wird immer wieder davon erzählt, dass Gott direkt mit Menschen gesprochen hat. Mit Adam und Eva im Garten Eden, mit Abraham und Sara unterm Sternenzelt, mit Mose in der Wüste auf einem Berg, mit Jesus bei seiner Taufe. Ja, ohne dass Gott sich einzelnen Menschen persönlich mitteilt, ist die ganze jüdisch-christliche Überlieferung gar nicht vorstellbar. Hat Gott also einen sonoren Bass? Oder eine warme Altstimme? Die tiefen Stimmlagen vermitteln eine größere Autorität, weiß die Psychologie. Oder sollte ich mir Gottes Stimme überhaupt nicht als akustisches Phänomen vorstellen? Aber wie dann? Haben die Menschen, die Gottes Stimme hören konnten, eine innere Berufung erlebt? Oder eine bestimmte Aufgabe in ihrem Leben als gottgegeben interpretiert? Der Apostel Paulus ist überzeugt: Der Glaube kommt aus dem Hören. Braucht es also eine Begabung für bestimmte Zwischentöne, um so eine Gottesstimme ausmachen zu können? Ich hab übrigens auch die Bibel als Hörbuch. Gelesen von Ben Becker. Vielleicht hör ich da heut mal rein.  

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