Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

13JAN2025
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Bis zu sechs Blaumeisen auf einmal zähle ich am XXL-Meisenknödel, den ich vor ein paar Tagen in die kahlen Weinreben auf dem Balkon gehängt habe. Das Rotkehlchen ist eher scheu und nutzt den Schutz des Vogelhäuschens. Die dicken Amseln picken vom Boden auf, was runterfällt, und freuen sich auch mal über ein paar Apfelschnitze. Das absolute Highlight stellt der Buntspecht dar, wenn er sich kopfüber an die Futterstation hängt. In seiner Nähe regt sich dann für ein Weilchen kein anderes Geflatter. Besser als Fernsehen, denke ich, wenn ich von meinem Platz am Esstisch aus die Wintervögel im Garten beobachte. „Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln keine Vorräte in Scheunen, und euer himmlischer Vater ernährt sie doch.“ So hat es Jesus formuliert und uns die Vögel als leuchtende Beispiele für ein sorgloses Leben voller Gottvertrauen und Leichtigkeit hingestellt.

Die Vögel in meinem Garten aber ernährt gar nicht der Vater im Himmel. Für die sorge ich. Und zwar nicht nur im Winter. Der NABU empfiehlt inzwischen die ganzjährige Fütterung, damit alte und schwache Vögel ohne große Anstrengung an Futter kommen, und zum Selber suchen dann mehr für die kräftigeren Jungvögel übrigbleibt. Dieses Zusammenspiel zwischen Mensch und Natur soll dann insgesamt den gefährdeten Bestand an heimischen Singvögeln sichern.

Auch für mein eigenes Leben sorge ich in erster Linie selbst. Ich habe einen Beruf, ein auskömmliches Einkommen, ein Dach über dem Kopf, eine Kranken- und Pflegeversicherung. Ich habe im besten Sinn des Wortes ausgesorgt. Und möchte trotzdem den intensiven Blick auf die Vögel unter dem Himmel nicht missen. Auf meine Blaumeisenbande, das scheue Rotkehlchen, die frechen Amseln und den majestätischen Buntspecht. Sie säen nicht, sie ernten nicht und sie sammeln keine Vorräte in Scheunen. Sie leben einfach so in den Tag hinein. Von dem, was die Schöpfung ihnen schenkt. Und von der Stütze, die ich ihnen in Form von ausgewähltem Vogelfutter angedeihen lasse. Sie leben vom Zusammenspiel von menschlicher und göttlicher Fürsorge. So wie ich. Sie beflügeln mein Gottvertrauen. Und schenken meinen Tagen Leichtigkeit. 

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