Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP
„Ich bin vergnügt, erlöst, befreit, Gott nahm in seine Hände meine Zeit …
Was macht, dass ich so furchtlos bin an vielen dunklen Tagen?
Es kommt ein Geist in meinen Sinn, will mich durchs Leben tragen“*
Ich liebe diese Zeilen, sprechen sie doch von einem großen Gottvertrauen. Sie stammen von Hanns Dieter Hüsch, dem Poeten unter den Kabarettisten.
„Ich bin vergnügt, erlöst, befreit, Gott nahm in seine Hände meine Zeit.“ Auch wenn ich diesen Satz liebe, so muss ich doch zugeben, dass ich ihn nicht immer und zu jeder Zeit voll unterschreiben kann. Oft plagen mich Zweifel, ob er denn wirklich „meine Zeit in seinen Händen hält“. Dann wird aus freudiger Zuversicht eher ein banges Hoffen, von dem am Ende manchmal nur eine große Sehnsucht übrigbleibt. Aber die gebe ich nicht auf.
Der Satz stammt aus einem Gedicht von Hüsch, dem er den Titel „Psalm“ gegeben hat. Die Psalmen sind eine Sammlung von Gebeten, die die Menschen zu ganz unterschiedlichen geschichtlichen und persönlichen Situationen gebetet haben. Es gibt Psalmen der Zuversicht und der Nähe zu Gott. „Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen. “ (Ps 23) Auch jubiliert und gelobt wird in den Psalmen: „Lobe den Herrn meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen.“ (Ps 103). Aber auch der Zweifel und die Gottesferne kommen vor: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ (Ps 22)
Die Psalmen sagen mir, dass es ein Auf und Ab im Glauben gibt. Und meine Erfahrung lehrt mich: Aus meiner Sehnsucht kann auch wieder Hoffnung und Zuversicht werden. Und das lässt mich dann mit Hüsch sagen:
„Ich bin vergnügt, erlöst, befreit, Gott nahm in seine Hände meine Zeit …
Was macht, dass ich so furchtlos bin an vielen dunklen Tagen?
Es kommt ein Geist in meinen Sinn, will mich durchs Leben tragen“*
* Psalm. in: Hanns Dieter Hüsch. Das Schwere leicht gesagt. Herder 1994, S.45
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