SWR3 Gedanken

07JAN2025
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Aus meiner Kindheit in Frankreich kenne ich einen schönen Weihnachtsbrauch: In der Zeit um den 6. Januar isst man eine Galette des Rois. Ein Dreikönigskuchen. Die Galette soll an die Weisen aus dem Morgenland erinnern, die dem Stern folgten und zur Krippe kamen, in der das Jesuskind lag.

Der Kuchen ist aus Blätterteig. Innen befindet sich Mandelmasse und in dieser ist eine kleine Fève versteckt. Früher war das eine Bohne. Heute ist es eine kleine Porzellanfigur - ein kleines Jesuskind, Maria, ein Schäfchen, Engel oder Hirte. Wer das Stück erwischt, in dem die Fève versteckt ist, ist dann König oder Königin.

Der Brauch eine Galette zu teilen, findet erst in der Zeit nach Weihnachten statt.
Das finde ich spannend – denn im Januar sind wir ja längst wieder im Alltagstrott gefangen und haben die Weihnachtshoffnung meist schon wieder vergessen.

Wenn ich aber im Januar nach der Schule oder beim Kaffee mit Freundinnen eine leckere Galette des rois esse, dann nehme ich das Weihnachtsgeschehen mit hinein in meinen Alltag.

Die kleinen Porzellan-Krippen-Figuren aus dem Kuchen zeigen mir: Mit Weihnachten ist noch lange nicht Schluss. Und man könnte sich fragen: wie ging es eigentlich weiter im Alltag der Menschen aus der Weihnachtsgeschichte?

Wie ist es den Hirten ergangen, nachdem sie den Stall wieder verlassen hatten? Haben sie Gottes Nähe weiterhin gespürt? Und Maria? Wie ist sie dem Trubel umgegangen? War es nicht manchmal schwer, einen Sohn zu haben, der schon als Kind so besonders war?

Und wie ist es im Alltag der Menschen um uns herum? Wie geht es der alten Nachbarin, deren Ehemann kurz vor Weihnachten verstorben ist? Konnte sie trotz Trauer auch ein bisschen Weihnachtshoffnung ins neue Jahr nehmen? Kann ich ihr vielleicht behilflich sein?

Die Galette des Rois - mit diesem leckeren Kuchen bleibt Weihnachten auch im Januar und in den Wochen danach im Kopf – und ich frage mich: Was von Weihnachten wäre es eigentlich wert, noch über das ganze Jahr sich beizubehalten?

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