Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

03JAN2025
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Wenn ich mit anderen Menschen zu tun habe, mache ich mir alle möglichen Gedanken. Vor allem, wenn ich sie noch nicht so richtig gut kenne. Was denken die wohl über mich? Und wie wirke ich auf sie? Wie verhalte ich mich am besten? Von manchen Kleinigkeiten dachte ich bisher immer: Darauf achtet sonst niemand – so schräg drauf bin nur ich.

Aber dann war ich bei einer Fortbildung – zusammen mit einigen Leuten, die ich noch nicht kannte. Immer wieder haben wir uns länger getroffen, fünf Wochen waren wir insgesamt zusammen. Und gleich am ersten Tag haben wir uns gegenseitig berichtet, wie wir das allererste Kennenlernen beim Ankommen in der Gruppe erlebt haben, wie es uns da ergangen ist.

Die Erste: „Ich bin ganz bewusst erst mal im Hintergrund geblieben und habe euch alle beobachtet.“ – Der Zweite: „Mir war es wichtig, nicht so viel reden zu müssen, deshalb bin ich extra später gekommen und habe mir gleich was zu essen genommen.“ – Und dann noch: „Du, deine souveräne Art mit den anderen hat mich erst mal total eingeschüchtert.“ Es ging ziemlich schnell sehr ehrlich zur Sache in unserer Runde. Das war erst mal ungewohnt, hat mich Überwindung gekostet. Aber je länger der Austausch lief, desto deutlicher ist mir geworden: Wir Menschen sitzen alle im selben Boot. Wir bringen alle unsere persönlichen Vorerfahrungen mit – und darauf ist dann auch unser Verhalten in einer Gruppe genauestens abgestimmt. Mehr noch: Jede Gruppe verhandelt vom ersten Moment an bestimmte Grundsatzfragen. Wer wie eng dazugehört und wer nicht, zum Beispiel. Oder wer das Sagen hat. Völlig egal, ob die Gruppenmitglieder das überhaupt wollen und wissen oder nicht.

Und irgendwie finde ich es auch tröstlich: Niemand von uns geht völlig unberührt und neutral durch die Welt. Wir sind alle in Kontakt miteinander, und das beeinflusst uns. Vielleicht macht uns das erst so richtig zu Lebewesen? Jedenfalls habe ich große Verbundenheit gespürt damals in der Gruppe. Und wenn ich heute mit Menschen neu zu tun bekomme, dann hilft mir der Gedanke: Auch die anderen sind jetzt nicht völlig unbefangen.

Wie geht es Ihnen im Umgang mit anderen Menschen? Welche Hintergedanken haben Sie da so? Sie müssen nichts verraten. Aber dass Sie nicht allein sind damit, da können Sie sicher sein.

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