SWR1 Begegnungen

Zum Jahresende treffe ich den Schlagersänger Dieter Thomas Kuhn – kurz DTK. Bei dem Namen denken die meisten bestimmt an Föhnwelle, Brusthaar-Toupet, Sonnenblumen und Sommer-Open-Air. Mich interessiert heute vor allem sein Projekt „Songs from above“ Also: Lieder von oben oder aus dem Himmel. Wir treffen uns in seiner Heimatstadt Tübingen. An einem für ihn wichtigen Ort, in einer Werkstatt voll mit tollen Motorrädern. Doch die Werkstatt ist nicht nur ein Schrauber-Treff von Freunden, sie ist auch Ideenschmiede.
Als David Bowie gestorben ist, da kam uns hier die Idee in dieser Werkstatt, dass es doch jetzt irgendwie überhandnimmt von unseren eigenen Helden, die wir gut finden, dass die jetzt irgendwie so dahinsterben. Und da haben wir gesagt, das wäre doch mal irgendwie einen Abend wert, dass man auch denen gedenkt, die eben nicht mehr da sind.
Aus der Idee ist dann vor einigen Jahren ein neues Projekt geworden, das zum Jahresende wieder in Tübingen läuft: die „Songs from above“. An diesem Abend spielt die Band ausschließlich Songs von verstorbenen Künstlerinnen und Künstlern.
Das ist ein ganz bunter, schöner und vor allem unterhaltsamer und lustiger Abend. Obwohl es um den Tod im weitesten Sinne geht. Deswegen haben wir gesagt, das müssen wir so gestalten, dass es eigentlich viel zu lachen gibt.
Genau das gelingt, ich hab‘s selbst erlebt und war total begeistert! Weil die Band nicht bei der Trauer hängen bleibt. Die Musiker erzählen Anekdoten aus dem Leben der Künstler, erinnern sich, was sie selbst mit deren Musik verbindet und dann spielen sie mit viel Leidenschaft deren Songs. Das Gedenken an die Verstorbenen wird da zu einer wunderbaren Hommage an das Leben!
Es ist eine Würdigung von unserer Seite aus. Und so, wie wir das merken, ist es auch eine ganz große Würdigung vom Publikum, die da nämlich unglaublich Lust drauf haben.
Die Leute singen mit, ich auch, und für manche Songs gibt’s ein Liedblatt, da steht drauf: „Hoffnung und Gemeinschaft im Lied“. Davon spür ich was. Auch die Konzert-Location trägt ihren Teil bei: In dem ehemaligen Autohaus stehen ein paar ausgemusterte Kirchenbänke.
Wir haben als Hintergrundbild ja die Kapelle von Zwiefalten; die ist da als Transparent. Und deswegen habe ich gesagt, da passen die Bänke natürlich super dazu, dass man da vorne ein bisschen diese Kirchenanmutung hat.
Und zwischen den altehrwürdigen Marmorsäulen der Zwiefaltener Klosterkirche wird dann bei jedem Song das Porträt des verstorbenen Künstlers eingeblendet.
Mit Kirche oder Gottesdienst hat Dieter Thomas Kuhn nicht viel am Hut, aber die Gebäude faszinieren ihn:
Wenn ich in irgendeiner Stadt bin, gucke ich immer in die Kirchen rein; weil mich das umhaut. Wenn du einmal im Petersdom warst, das ist ja Wahnsinn. Ja, und natürlich die Geschichte drumherum.
Mit seiner Band spielt Dieter Thomas Kuhn zum Jahresende Songs verstorbener Künstlerinnen und Künstler. Auch wenn der Abend mit den „Songs from above“, also den Songs aus dem Himmel, ganz und gar nicht traurig ist, das Thema Sterben und die Endlichkeit schwingen trotzdem durch die Konzerthalle. Ich möchte von DTK wissen, ob das für ihn persönlich ein schwieriges, ein schweres Thema ist.
Ich habe da eigentlich überhaupt keine Berührungsangst. Ich hatte früh mit dem Tod Konfrontation. Mein Bruder ist sehr früh gestorben und das hat mir natürlich damals Angst gemacht. Wenn du selber 18 bist, dein Bruder 30, dann ist das nicht zu verstehen. Und mein eigener Verlust beschäftigt mich natürlich auch, weil ich eigentlich sehr gerne auf dieser Welt bin. Und das auch noch gerne ein Weilchen hätte.
Was ihn wirklich belastet, wenn er an den eigenen Tod denkt, ist der Schmerz derer, die zurückbleiben.
Das ist ja eigentlich, glaube ich, das Schlimmste, was einen dabei beschäftigt: Wenn jetzt meine Tochter, wenn ich jetzt nur drüber nachdenke, wenn die jetzt ihren Vater verlieren würde, wäre das, glaube ich, richtig scheiße und das ist ja eigentlich das, was einem Angst macht.
Im Moment müssen er und die Band sich Gott sei Dank damit nicht beschäftigen. Und trotzdem gibt es etwas, das DTK gerade Sorgen macht. Gitarrist Philipp Feldtkeller ist gesundheitlich angeschlagen. Deshalb ist musikalisch erst mal gar nichts geplant für 2025. Für DTK geht es aber nur am Rande um die Tour – Philipp ist einfach so viel mehr als der Gitarrist der Band.
Ich mache mit dem seit 40 Jahren Musik. Wir bewegen uns zusammen jeden Tag. Viele haben immer gesagt: Die zwei sind doch verheiratet, wenn man uns zusammen sieht in der Stadt. Und ja, das ist schon eine ganz enge Verbindung.
Die beiden beginnen jeden Tag gemeinsam mit einem Kaffee, besprechen dann, was heute dran ist. Proben, Planungen, Termine beim Steuerberater – einfach alles. Wie kann das gut zusammenpassen mit einem Familienleben, das die beiden ja auch noch haben?
Des passt da mit rein. Das muss mit reinpassen. Das ist jetzt bestimmt nicht immer einfach, auch für die Frauen an unserer Seite. Aber so haben die uns kennengelernt.
Vielleicht ist das ein Mosaikstein des Erfolgs der Band: viel Freundschaft, viel Verständnis, viel Vertrauen. Und da ist noch was, von dem DTK glaubt, dass es wichtig ist, wenn er für die Menschen Musik macht. Es braucht nicht immer ein politisches Statement, sagt er, es braucht einfach mal nur eine gute Zeit, eine Pause.
Für uns ist es wichtig, da rauszugehen und den Leuten zu zeigen: Man muss mal abschalten. Auch, man muss rauskommen aus dem, was einen beschäftigt.
Den Leuten Freude bereiten und ihnen ganz viel Liebe mitgeben! Das sagt er noch, als das Mikrofon schon aus ist. Eine gute Botschaft für 2025, finde ich.
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