SWR Kultur Wort zum Tag

02JAN2025
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Es gibt etwas, das nicht oft genug gesagt werden kann. Gerade am Anfang eines neuen Jahres. Weil es über allem anderen steht. Einem anderen Menschen zu sagen: Du bist einmalig. Du bist wertvoll. Du hast eine Würde. Du bis heilig. Und zwar immer und in jeder Lebenslage, sogar wenn es man es nicht merkt oder sieht. Du bist einmalig von der Geburt bis zum Tod.

Mir ist es wichtig, das immer wieder zu sagen, weil es meinem Glauben entspricht, dass jeder Mensch ein Ebenbild Gottes ist, wie es im ersten Buch der Bibel heißt. Und mir ist es am Beginn dieses Jahres besonders wichtig, das zu betonen, weil wir auf eine Bundestagswahl zugehen. Und ich der Überzeugung bin, dass es einen Unterschied macht, ob und wie dieser Grundgedanke von einer politischen Partei beherzigt wird oder nicht. Wer nämlich glaubt, das wäre zwar ein schöner Gedanke, aber ohne praktische Bedeutung, der sieht sich umgehend eines Besseren belehrt, wenn es um die Realität in unserem Land geht.

Wer aus sogenannten besseren Verhältnissen kommt, also reichere Eltern hat, macht meist einen besseren Schulabschluss. Frauen verdienen in gleichen Arbeitsverhältnissen noch immer oft weniger als Männer. Kassenpatienten haben schlechteren Zugang zu Gesundheitsleistungen als privat Versicherte. Es sind diese Ungleichheiten, die mir auffallen, wenn ich ernst nehme, dass jeder Mensch die gleiche Würde hat. Ich weiß, dass es ein steiniger Weg ist, diese eingeübten Ungerechtigkeiten aus dem Weg zu räumen. Und gleichzeitig muss es mein Ziel bleiben, wenn ich ernst nehme, was eines der Grundprinzipien meines Glaubens ist.

Jeder von uns ist gleich wertvoll, trägt einen Funken von Gottes Heiligkeit in sich, der nicht angetastet, nicht verletzt werden darf. Die politischen Konsequenzen liegen auf der Hand: Einer, der aus seiner Heimat flüchtet und bei uns Schutz sucht, muss nachweisen, dass er wirklich Schutz braucht. Einverstanden. Aber er bleibt immer ein Mensch, der Respekt verdient und mit Würde behandelt werden muss. Nicht verachtet, verspottet und lieblos abgeschoben gehört. Nicht alle Kinder müssen aufs Gymnasium. Aber alle müssen die Chance dazu haben. Und wer es nicht schafft, ist deshalb kein Versager oder weniger wert. Ach, und noch etwas, etwas sehr Wichtiges: Politiker sind auch Menschen. Und es gehört sich, dass sie sich gegenseitig wie Menschen behandeln und ebenso von anderen behandelt werden. Nicht beschimpft, beleidigt. Auch im Wahlkampf gilt es, die Würde des einzelnen zu beachten. Ich werde jedenfalls dabei genau hinschauen, bevor ich meine Wahl treffe.

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