SWR3 Gedanken

30DEZ2024
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Die Tage nach Weihnachten nennt man „Raunächte“. Vielleicht, weil sie besonders rau und unwirtlich sind. Früher hat man sich in den Raunächten abends in der Stube am Kaminfeuer getroffen, um Geschichten von den Ahnen und von Geistern zu erzählen. Man hat Hausmusik gemacht, Körbe geflochten und auf seine Träume geachtet.

Heute klingt das überholt. Ich finde die ursprüngliche Idee dahinter trotzdem gut. Es ging ja darum, die Zeit gut zu nutzen, in der man zur Pause verdonnert war, weil die Natur gerade Pause macht und weil es draußen kalt und dunkel ist. Und da hat man offenbar Wert darauf gelegt, Zeit für sich, für andere und für das Übersinnliche zu haben.

Das geht auch heute noch: sich mit Freunden oder der Familie treffen. Vielleicht nicht in einer Bauernstube am Kamin, aber auf dem Sofa oder in einer gemütlichen Kneipe. Statt Körbe zu flechten könnte ich einem vernachlässigten Hobby nachgehen – mal wieder die Klarinette auspacken oder ein altes Möbelstück auf Vordermann bringen. Und warum nicht Bilder von alten Freunden oder Verstorbenen aufstellen und sich an ihre Spleens oder Sprüche erinnern.

Von jeher waren die Raunächte eine Zeit, in der man sensibel war für alles Sinnliche und Übersinnliche. Eine Zeit, in der man seine Gefühle und Träume ernst genommen hat. Vielleicht führe ich ein kleines Tagebuch, in das ich schreibe, wie ich mich gerade fühle oder was ich geträumt habe.

Die Raunächte – genau die richtige Zeit, um mir mal wieder klar zu machen, wo ich herkomme, was mich ausmacht und wie´s in mir aussieht.

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