SWR1 3vor8
Ich würde heute Morgen so gerne sagen: „Fröhliche Weihnachten!“ Aber, liebe Hörerinnen und Hörer, natürlich weiß ich ja gar nicht, ob Sie heute Morgen überhaupt fröhlich sind. Und nach dem Anschlag in Magdeburg gehen mir die Worte auch nur schwer über die Lippen.
Ich hätte mir eben gerne einen fröhlichen Weihnachtsmorgen vorgestellt. Wie in manchen Wohnungen der eine oder die andere ein bisschen früher aufsteht als alle anderen und sich erst mal eine Tasse Kaffee oder Tee machen. Vielleicht liegt noch etwa Geschenkpapier auf dem Boden herum? Eine gute Zeit, um ein bisschen aufzuräumen …
So stelle ich es mir gerne vor – und weiß trotzdem genau, dass viele Menschen heute allein aufstehen – und auch an Heilig Abend allein gewesen sind. Dass die Nachrichten aus Magdeburg ein leiser Schatten über allem sind. Oder dass in manchen Familien gerade das Chaos ausbricht – weil man los muss um die Großeltern besuchen oder die Schwiegereltern. Oder weil bei einem selbst der Besuch im Anmarsch ist.
Trotzdem. Ganz vorsichtig wünsche ich Ihnen und mir heute Morgen: Fröhliche Weihnachten. Trotz allem, was gerade schwer ist.
Trotzig zu sein ist nämlich nicht das schlechteste, finde ich. Auch wenn wir die Schatten von Krieg und sinnloser Gewalt nicht aus unserem Leben verbannen können. Und auch, wenn ich an Sorgen und Problemen in meinem Leben vielleicht zum tausendsten Male scheitere - was hilft es, aufzugeben? Dann doch lieber trotzig an der Hoffnung festhalten - das Zutrauen nicht verlieren und neuen Anlauf nehmen!
Gerade an Weihnachten kommt mir Gott ganz ähnlich trotzig vor: Er gibt einfach nicht auf, uns Menschen auf den Weg des Friedens zu bringen. In einer Bibelstelle, die heute in vielen Gottesdiensten zu hören ist, heißt es: „Im Anfang war das Wort“ (Joh 1,1) Gemeint ist damit: Von Anfang an ist Gott da, mit seinem Wort, und sein Wort von Frieden und Gerechtigkeit bleibt gültig – egal, ob wir Menschen es nun hören wollen oder nicht. Und wenn wir es vielleicht kaum noch hören können – vor lauter Nöten, Krisen du Sorgen des Lebens - dann nimmt er eben noch einmal einen neuen Anlauf und schickt seinen eigenen Sohn in die Welt – und mit ich all die Liebe, die er zu uns Menschen hat.
Jesus wird es nicht leicht haben mit uns. Er wird uns von unseren schlechtesten Seiten kennen lernen. Unsere Fähigkeit zu hassen und zu zerstören. Aber aufgeben wird er nicht. Und lässt sich nicht aufhalten, immer wieder neu Anlauf zu nehmen, um unsere Herzen zu erreichen. Immer wieder neu, jedes Jahr an Weihnachten.
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