SWR1 Begegnungen

Christopher Hoffmann trifft: Stefan Gödde
Stefan Gödde ist Moderator des Wissenschaftsmagazins „Galileo“. Der 49-Jährige unterstützt eine ganz besondere Weihnachtsaktion –und das hat mich neugierig gemacht. Denn auch in der Heiligen Nacht 2024 sind Benediktinermönche der Abtei Dormitio in Jerusalem nach Bethlehem gepilgert. Im Gepäck hatten sie eine Rolle, auf der zehntausende Namen aus aller Welt stehen. Namen, die Menschen online eintragen konnten. Diese Rolle legten sie an der Stelle ab, wo Jesus geboren wurde. Die Aktion heißt: „Ich trage deinen Namen in der Heiligen Nacht nach Bethlehem“*. Und für Stefan Gödde geht es an Weihnachten genau darum:
Es geht nicht um Berge von Geschenken, um den großen Braten, um die Weihnachtsbeleuchtung-es geht darum, dass unser Heiland geboren wurde in Bethlehem- und dass man weiß, dass sein Name oder der Name seiner Liebsten oder seiner Freunde auf dieser großen Rolle genau an den Ort gebracht wird, wo dieses Geburtsereignis verehrt wird und gefeiert wird.
Namen sind in der Bibel immer mehr als nur Buchstaben- sie stehen für die ganze Person, für alles was einen Menschen ausmacht. Auch für Stefan Gödde geht die Aktion daher über ihre symbolische Bedeutung hinaus, wenn er die Namen seiner Liebsten für die Liste einreicht:
Diese Namen dann auf diesen Geburtsstern zu legen, ist was ganz besonderes und die Benediktinermönche, die beten auf dem Weg nach Bethlehem in dieser Heiligen Nacht, machen Stops und beten immer wieder für die Menschen auf dieser Liste und das finde ich persönlich von allen Geschenken, die da unterm Weihnachtsbaum liegen, ist das das wertvollste Geschenk.
Auch für den Wissenschaftsjournalist ist das persönliche Gebet etwas ganz Grundlegendes:
Ich finde der Glaube besteht nicht aus großen Kirchengebäuden, aus Prunk und Protz und diesem ganzen Brimborium-im Grunde genommen ist es eine Gottesbeziehung, eine Beziehung zwischen mir und meinem persönlichen Gott, zu Jesus Christus. Die muss nicht immer - wie auch in einer Beziehung zwischen Menschen - wahnsinnig gut funktionieren und ab einem bestimmten Zeitpunkt in einer Beziehung ist Liebe ja nicht nur jeden Tag himmelhochjauchzend, sondern im Grund genommen irgendwann auch mal ein „Ja“. Das heißt ich muss auch nicht beim Beten jedes Mal die wahnsinnige Gotteserleuchtung haben. Manchmal ist es dann glaub ich einfach ein „Ja“ sagen zu meinem Glauben.
Stefan Gödde ist gläubiger Katholik. Und gerade weil ihm sein Glaube so wichtig ist, findet er, dass seine Kirche unbedingt und lückenlos Ernst machen muss mit der Aufklärung des sexuellen Missbrauchs. Die christliche Botschaft hält der beliebte Moderator nämlich nach wie vor für relevant und aktuell:
Unsere Kultur, unsere Zeitrechnung, so wie wir sozialisiert wurden, so wie wir denken, wie wir fühlen, wie wir unser Rechtssystem begreifen, wie wir unsere Mitmenschlichkeit begreifen-all das gründet zu einem großen Teil im Christentum.
Ich spreche mit dem Galileo-Moderator Stefan Gödde. Er hat einen Reiseführer über das Heilige Land geschrieben.** Damit unterstützt er die sozialen Projekte der Benediktinermönche in Jerusalem, zum Beispiel für Menschen mit Behinderung oder alte Menschen. Und einen zweiten Reiseführer über Rom *** - dieser Erlös geht an Sant´ Egidio, eine Gemeinschaft, die 1968 in Rom von katholischen Schülerinnen und Studenten gegründet wurde und sich bis heute weltweit um Menschen in Not kümmert. Stefan Gödde findet:
Das ist eine totale Weihnachtsbotschaft, dass wir rausgehen sollen an die Ränder, und dort im Armen, im Nächsten, dass wir dort Jesus finden sollen. Und ich glaube Sant´ Egidio macht das in vorbildlicher Weise, gerade auch zu Weihnachten. Die machen Weihnachtsgottesdienste und Weihnachtsessen für Menschen, die niemanden haben oder die keine Freunde haben oder kein Geld haben oder auch vielleicht die Hoffnung verloren haben in dieser Welt – und die kümmern sich wirklich so toll um Menschen am Rande der Gesellschaft.
Wo nach der Weihnachtsgeschichte auch Jesus zur Welt kam, in einem ärmlichen Stall, weil in der Herberge kein Platz war. Menschen auf der Flucht, Obdachlose oder Einsame – Sant´ Egidio schafft Platz für diese Menschen und ermöglicht Begegnung:
Und das finde ich ist für mich persönlich um ehrlich zu sein auch eine der größten Inspirationen, weil du da siehst, dass Menschen tatsächlich das Evangelium ganz praktisch jeden Tag leben, dass uns das allen wirklich ein Ansporn sein sollte.
Stefan Gödde selbst hat nach seinem Abitur als Zivi in einem Alten- und Pflegeheim viel darüber nachgedacht, was Menschen wirklich glücklich macht. Weihnachten ist für ihn das Fest der Geburt des Erlösers – brauchen Menschen denn heute noch einen Erlöser, will ich von Stefan wissen:
Ich glaube unsere Gesellschaft und unsere moderne Welt krankt schon sehr daran, dass wir alle denken, dass wir sozusagen unsere eigenen Götter sind. Dass ich alles selbst machen kann. Und daran glaube ich nicht! Ich glaube, dass uns sehr vieles geschenkt ist und wenn wir mal ganz tief in uns reinhorchen würden, dann ist glaub ich in jedem Menschen eine Sehnsucht angelegt, eine Sehnsucht nach dem Sinn des Lebens, den finden zu wollen.
Und der Sinn des Lebens hat für Stefan Gödde mit Gott zu tun:
Ich glaube, dass ein wirklicher Friede und ein wirkliches Glück halt nicht durch die Äußerlichkeiten unserer Welt, nicht durch Geld, durch Ansehen, sondern ich glaube dass dieses Glück in uns drin nicht von uns kommt, sondern in Bezug ist zu einem Schöpfergeist, wie auch immer der aussieht.
Ein Schöpfergeist, der ausnahmslos alle Menschen geschaffen hat, da ist er sicher. Und Stefan Gödde hat schon Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturen und Religionen kennengelernt: Er besuchte als einer von wenigen Journalisten Nordkorea, war in den USA und China, Tschernobyl und Fukushima und immer wieder im multireligiösen Jerusalem. Trotz der aktuellen Situation im Heiligen Land, bleibt er den Gemeinsamkeiten der Menschen auf der Spur und glaubt wie ich, dass das wichtiger denn je und ganz im Sinne seines Schöpfers ist.
*weitere Infos hier: http://www.dormitio.net/abtei/weihnachtsaktion/index.html
**Stefan Gödde: „Nice to meet you, Jerusalem“, GRÄFE UND UNZER Verlag, Polyglott, München 2019.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41297