SWR4 Abendgedanken
Morgen ist Heiligabend – und dann: Weihnachten. Jedes Jahr erinnern wir uns an die Geschichte von Maria und Josef. Jedes Jahr sagt irgendein Wirt, dass es keinen Platz in der Herberge mehr gibt. Jedes Jahr überraschen die Engel ein paar Hirten. Und jedes Jahr erscheint der Weihnachtsstern aufs Neue. Entweder mit LED´s oder als Topfpflanze.
Und ich frage mich: Was hat dieses Fest – über 2000 Jahre nach dem ersten Weihnachten – für mich denn noch für eine Bedeutung? Was bedeutet das für mich ganz persönlich? Gott wird Mensch. Gott selbst kommt als kleines Kind auf unsere Welt. Mitten hinein in einen Stall irgendwo im nirgendwo.
Ich glaube, dass es für mich bedeutet, dass ich Gott in meinem Alltag immer mitdenken muss. Immer mit ihm rechnen muss:
Wenn ich im Krippenspiel sehe, wie Maria und Josef auf ihr Kind aufpassen. Wie sie versuchen mit all den Problemen, die sie hatten, irgendwie klarzukommen. Dann heißt das: Gott hat angefangen wie ich. Er wird das Leben kennenlernen, das auch ich lebe. Dann heißt das auch: Ich bin Gott nicht egal. Wir sind Gott nicht egal. Er wollte es selber erleben, wie es ist, Mensch zu sein. Mit allem, was dazugehört.
Genau deshalb ist es das für mich: Gott mitdenken. Egal, was ich mache, was ich sage, oder wo ich auch bin. Gott ist da. Mit dabei. Ich kann mit ihm rechnen.
Für mich ist das fast so, wie wenn ich meine Brille aufsetze. Ohne meine Brille gehe ich nicht aus dem Haus. Morgens, wenn ich aufwache, nehme ich als erstes meine Brille. Selbst, wenn ich nachts mal aufwache, setze ich sie auf. Und genau so stelle ich mir das mit Gott vor. Er gehört zu mir und meinem Leben einfach dazu. Ist ein Teil von mir. Und das ist dann auch wie mit meiner Brille: Ich sehe die Welt anders. Viel klarer und deutlicher. Und vor allem scharf.
Also das ändert meinen Blick auf die Welt. Das macht mich geduldiger mit mir und meinen Kindern. Gnädiger mit den Menschen, die mir so in meinem Alltag begegnen. Vorsichtiger in dem, was ich sage. Dann ist es mir nicht egal, was mit den Menschen um mich herum passiert. Auch, wenn ich manches nicht verstehe.
Und auch für die Hirten und die Könige im Krippenspiel ist es, als würden sie eine Brille aufgesetzt kriegen: sie merken: Gott ist in meinem Leben dabei. Immer.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen Frohe Weihnachten.
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