SWR Kultur Wort zum Tag
Suchen. Finden. Weitergehen. Drei Worte. Sie beschreiben für mich den Weg der drei Weisen aus dem Morgenland. Auch Magier und Könige werden sie genannt. Der Dreikönigstag, heute am 6. Januar, erinnert an sie.
Am Anfang steht das Suchen. Mit weiten Augen. Und schweifendem Blick. Am Himmel. Nach Sternen und Konstellationen, die neue Deutungshorizonte eröffnen. Für die Welt. Und das eigene Leben auch. Im Anblick eines hell aufleuchtenden Sterns. Mitten in der Dunkelheit der Nacht.
Auch ich bin auf der Suche. Immer wieder. Und immer wieder neu. Nach dem Sinn oder Unsinn meines Lebens. Nach Deutungsmöglichkeiten für diese Welt und das, was in ihr geschieht. Oder gerade auch nicht geschieht. Manchmal liege ich nachts wach darüber. Suche unter den Sternen nach einem Fixstern der Hoffnung. Frage nach Gott. Suche ihn. Und das Licht seiner Gegenwart in der Welt.
Diese Weisen müssen besondere Menschen gewesen sein. Sie bleiben dran. Machen sich sogar auf den Weg in ein fernes Land. Um einer Verheißung zu folgen. So bilden sie eine Suchgemeinschaft. Auf dem Weg zu neuer Hoffnung. Zu neuem Glauben. Zu neuem Trost und neuer Zuversicht. Für die Welt. Und für das eigene Leben auch.
Ich wünsche mir das ebenso: Dass ich neue Hoffnung schöpfen kann in einer manchmal hoffnungslos scheinenden Welt. In der die schlimmen Nachrichten über Katastrophen, Krieg, Leid und Not manchmal kein Ende mehr zu nehmen scheinen. Ich wünsche mir Trost in trostloser Zeit. Wenn Menschen Probleme und Krisen nicht mehr miteinander, sondern gegeneinander lösen wollen. Und ich wünsche mir auch, dass mein Glaube wieder Kraft gewinnt. Und ich meine Kleingläubigkeit überwinden kann.
Die Weisen finden ein kleines, neugeborenes Kind. Ganz und gar armselig ist es, bedürftig und schutzlos. Und doch sehen sie genau in diesem Kind etwas Besonderes. Die Erfüllung einer Verheißung. Dass Gott in diesem Kind gegenwärtig ist. Dass er mit diesem Menschenkind ist, mitten in dieser Welt. Mit seiner ganzen Liebe. Uns Menschen, in unserer Bedürftigkeit und Schutzlosigkeit, ganz nah.
Ich erinnere mich an den Besuch in einer diakonischen Einrichtung während meines Zivildienstes, bei dem wir den Nachmittag mit einer Gruppe verbracht haben, in der auch ein Junge mit Downsyndrom war. Es war unglaublich, mit welcher Warmherzigkeit, Offenheit, Freundlichkeit und Lebensfreude er mir und allen Teilnehmenden begegnet ist. Er war ein ganz besonderer Mensch, der alle sofort in sein Herz geschlossen hat und umgekehrt auch. Diese Begegnung ist für mich in gewisser Weise zu einem Glaubensmoment geworden. Noch heute habe ich sein Lachen und seine Warmherzigkeit in mir.
In Bethlehem, erzählt die Bibel, gehen die Weisen bald wieder weiter. Zurück in ihre Heimat. Aber ihr Horizont hat sich verändert. Für die Welt. Und in ihrem eigenen Leben auch. Getragen von neuer Hoffnung. Neuem Trost. Neuer Zuversicht. Und Glauben. Darum erzählt die Bibel auch ihre Geschichte. Es sind Glaubensgeschichten, die mit der Geburt Jesu beginnen. Von Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft und gesellschaftlichem Rang. Menschen, die durch die Begegnung mit diesem kleinen Kind die Welt und ihr Leben in einem anderen Licht sehen.
Suchen. Finden. Weitergehen. Drei Worte, die auch meinen Weg im Glauben beschreiben. Denn so wie die Welt sich verändert, verändere auch ich mich. Und mit anderen Lebenssituationen kommen andere, neue Fragen. Ich glaube, das Suchen hört nie auf. Aber das Finden auch nicht. Weil Gott sich immer wieder anders zeigt. Oft genug stelle ich auch erst in der Rückschau fest, dass es ein Segen war, dass dieses oder jenes so gekommen ist. Und um das zu erfahren, braucht es das Weitergehen.
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