SWR1 3vor8
Kaum geboren, schon auf der Flucht. Das ist keine schöne Geschichte, aber sie gehört zu Weihnachten dazu. Sie passt so gar nicht zur Festtagsstimmung, zur ruhigen Zeit „zwischen den Jahren.“ Aber so geht die Weihnachtsgeschichte nun mal weiter: Gerade erst ist Jesus geboren und wurde begrüßt als ein ganz besonderes Kind. Sogar Könige aus fernen Landen machten sich auf und beteten dieses Kind an. Doch kaum ist der hohe Besuch aus dem Morgenland wieder gegangen, da muss der Säugling mit seinen Eltern vor König Herodes fliehen. Denn der sieht in ihm einen gefährlichen Konkurrenten und will ihn ausschalten. Herodes setzt all seine Macht ein und befiehlt, alle neugeborenen Kinder rund um Bethlehem zu töten. Da packt Josef seine kleine Familie auf einen Esel und flieht mit Frau und Kind nach Ägypten.
Ist die Geschichte genau so passiert? Ich weiß es nicht. Aber das ist auch nicht wichtig. Wichtig ist, dass sie so typisch ist für Jesus und sein Leben. Denn genauso wie am Anfang ist es ihm auch am Ende des Lebens ergangen: Erst wird er groß gefeiert und danach wird es lebensgefährlich. Am Anfang seines Lebens: Seine Geburt, zwar in einem armen Stall, aber, ein großer Engelschor und ein heller Komet, der den Königen den Weg gezeigt hat und auch noch kostbare Geschenke: Gold, Weihrauch, Myrrhe. Und dann: die Todesdrohung, die Flucht, Hals über Kopf in die Fremde. Und am Ende seines Lebens wieder das Gleiche: Der glorreiche Einzug in Jerusalem, zwar auf einem Esel, aber gefeiert vom Volk als Star, mit rotem Teppich und Hosianna-Rufen. Und kurz darauf: Verhaftung und Verurteilung durch Pontius Pilatus und der Tod am Kreuz.
Ja, typisch Jesus: Er hat sich nie beeindrucken lassen vom Jubel der Menschen. Er hat sich aber auch nicht beeindrucken lassen von denen, die meinen, die Welt zu beherrschen. Er ist Machtspielen aus dem Weg gegangen, denn er wollte sie ja gar nicht haben, diese Macht. Er ist einfach seinen Weg gegangen auf dieser Welt. Weil er genau wusste, wer wirklich Macht hat am Ende. Und er nimmt uns gerne mit auf diesen Weg, der an Weihnachten beginnt. Er hat uns nicht versprochen, dass es ein einfacher Weg ist. Aber es ist auf jeden Fall einer der sich lohnt, denn es ist ein guter Weg: Gottes Weg mit uns Menschen.
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