SWR Kultur Wort zum Tag
Ich freue mich an Kerzen. Das ganze Jahr über zünde ich welche an. Morgens und Abends. Bin fast ein wenig kerzensüchtig. Wie freue ich mich jetzt am Lichterschmuck auf Fensterbänken oder vor der Haustür!
Aber gibt es auch so etwas wie eine Überdosis? Es kommt mir beinahe so vor. Manchmal sehe ich in den Vorgärten hunderte von LEDs, die die Nacht zum Tag machen. Lichterketten in allen Formen und Farben.
Ich habe gehört: Im New Yorker Stadtteil Manhattan ist der Weihnachtsbaum mit 50.000 LEDs geschmückt. Ist das noch Baumschmuck? Da sehe ich ja den Baum vor lauter Lichtern nicht.
Ich habe den Eindruck: In manchen Städten wird der Lichterschmuck spürbar reduziert. Ich vermute: Nicht nur, weil man Strom sparen will. Und ich hoffe: So kann die Weihnachtsstimmung mehr Raum bekommen. Die wurzelt ja im Kontrast von Licht und Finsternis: Das Licht der Heiligen Nacht scheint in der Dunkelheit. Und gerade das ist der Trost.
In der Bibel wird erzählt: Christus wurde bei Nacht geboren. Also hineingeboren in die Finsternisse und Nöte dieser Welt. Da hinein bringt sein Lebenslicht ein Licht, das die Welt mit einem neuen Glanz versieht.
Darum bedeutet mir ein einzelnes Kerzenlicht so viel. Mehr als jede Lichterflut.
Das eine Kerzenlicht verweist auf das Lebenslicht von Jesus. Ich denke dabei immer wieder an eine Beerdigung. Es war im Dezember und bitterkalt. Wir standen am Grab. Die Tochter hat auf das Grab ihrer Mutter eine Kerze gestellt – und gesungen: „Im Dunkel unsrer Nacht – entzünde ein Feuer, das nie mehr vergeht, das niemals mehr vergeht.“ Genau das ist der Trost, den mir ein Kerzenlicht schenkt.
An Weihnachten leuchtet das Licht von Bethlehem – das Licht vom Kind in der Krippe. An Ostern das Licht von Christus, den Gott nicht im Tod gelassen hat.
Sein Licht leuchtet jetzt – hinein in alle Finsternisse – hinein in Jammer und Nöte des Lebens. Auch wenn ich die Kerze auspuste –ich vertraue fest darauf: Sein Licht vergeht niemals. Wahrscheinlich bin ich auch darum so kerzensüchtig.
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