Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

07DEZ2024
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Morgen ist der zweite Advent – noch zweieinhalb Wochen bis Weihnachten. Und? – Graut Ihnen vielleicht schon davor? Ich hoffe nicht! Aber sollte mit dem Fest doch etwas auf Sie zurollt, vor dem Ihnen graut - dann ist jetzt vielleicht noch Zeit. Jetzt können Sie daran vielleicht noch etwas ändern.

Vor ein paar Jahren hat mir ein 12-jähriges Mädchen erzählt, wovor ihr an Weihnachten gegraut hat – eine Schülerin aus meiner Reli-Klasse in der Schule. Ihre Eltern hatten sich ein Jahr zuvor getrennt, der Vater war ausgezogen. Und seither musste die Teenagerin als Puffer zwischen ihren Eltern herhalten. „An Weihnachten kommt mein Vater wieder zu Besuch.“, hat sie mir erzählt „Und ich muss dann mitspielen und aufpassen, dass sie nicht anfangen, sich zu streiten. Ich muss aufpassen, dass es so aussieht, als wäre alles in Ordnung…“

Tja: Ich hatte beim Rausgehen aus dem Klassenzimmer nur ein bisschen Smalltalk machen wollen - gefragt, was sie an Weihnachten so vorhat. Und bin stattdessen – zwischen Tür und Angel - auf echte Probleme gestoßen. Das war damals ganz kurz vor Heilig Abend. Klar habe ich sie auf dem Flur noch gefragt, ob ihr jemand helfen kann oder ob sie mit ihren Eltern nicht mal sprechen könnte… Aber selbst einmischen wollte ich mich – so kurz vor knapp – nicht mehr. Denn da muss man schon vorsichtig sein und gut überlegen, was wirklich sinnvoll ist. Bei so etwas muss man sich Zeit nehmen.

Jetzt, kurz vor dem zweiten Advent, ist zum Glück noch ein bisschen Zeit. Genug, um das in den Blick zu nehmen, wovor es einem an Weihnachten vielleicht selber graut. Warum mich nicht jetzt hinsetzten, einen Zettel nehmen und aufschreiben, was mir dazu einfällt? Schon jetzt telefonieren und den Eltern oder Geschwistern sagen, was mir Sorgen macht und beim Familienfest in Streit ausarten könnte? Oder etwas Schönes planen für die Tage nach Weihnachten– als Ausgleich sozusagen für das, was schlecht gelaufen ist?

Warum nicht jetzt schon dafür sorgen, dass ich an Weihnachten nicht einsam bin? Sich zu überwinden, sich wirklich aufzumachen zu einem offenen Treff an Heiligabend oder sich einladen zu lassen. Oder selbst jemanden einzuladen – das ist schwer. Zwei Wochen vorher schaffe ich es aber vielleicht. Jetzt ist noch Zeit…

Im Fall meiner 12-jährigen Schülerin damals, da haben die Eltern übrigens selbst noch rechtzeitig gemerkt, dass sie etwa verändern müssen. Weihnachten anders feiern. Wie genau, daran erinnere ich mich nicht mehr - nur, dass meine Schülerin das Fest und ihre Familie sehr genossen hat.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=41158
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