Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW
Ich wollte es erst nicht glauben, als ich davon gelesen habe. Aber es stimmt, ich habe es selbst ausprobiert und der Effekt ist auch nachweisbar: Wenn ich mich niedergeschlagen fühle, dann hilft es, den Kopf zu heben. Wirklich – hoch mit der Nase! Die Laune wird besser.
Darauf muss man erst mal kommen – und daran denken. Im Alltag gar nicht so einfach. Vor lauter „aufs Handy gucken“ rutscht mir das Kinn oft genug auf die Brust runter. Wenn mir draußen der nasskalte Wind ins Gesicht schlägt oder wenn ich’s eilig habe, und keine Zeit für ein Schwätzchen mit dem Nachbarn, der gerade auf der anderen Straßenseite aufgetaucht ist. Der redet eh immer das gleiche: „Sauwetter heute…“ - „Ja, ja…“ – „Wieder so schlecht Nachrichten, von der Wirtschaft, vom Krieg…“ – immer das gleiche, und selten was schönes dabei.
Kopf runter. Das Kinn runter bis auf die Brust. Eigentlich ist das eine Schutzhaltung – gegen Kälte zum Beispiel. Aber auch gegen alles, was man gerade nicht brauchen kann in der eigenen Geschäftigkeit. Kopf runter, Rollladen runter, Türe zu. Allerdings sieht man dann auch so aus, finde ich: in sich verkrochen und weggeduckt. Und irgendwann fühlt man sich dann auch so: klein, niedergeschlagen und allein.
Immer nur nach unten zu starren, zieht einen runter. So kann man den Stürmen des Lebens nicht trotzen. Also: Kopf hoch, Brust raus – auch wenn der Hals dreckig ist, wie meine Mutter zu sagen pflegte. Ich habe es ausprobiert, und glauben Sie mir: Es funktioniert wirklich! Gerade jetzt, weil mein Blick an den Lichtern der Weihnachtsbäume hängen bleibt, die im Advent in den Vorgärten stehen, auf den Marktplätzen oder auf dem Weihnachtsmarkt. Und da – an den Fressbuden und Glühweinständen – habe ich auch wieder Lust auf ein Schwätzchen mit dem Nachbarn oder den Kollegen. „Ob’s weiße Weihnachten gibt? Schau'n wir mal. Wäre ja toll für die Kinder…“ – „Haben Sie heute die Nachrichten gehört?“ „Ja, da war schon wieder so ein schwerer Unfall. Und die Regierung…“
Kopf hoch. Nach vorne schauen – in Richtung Weihnachten. Auch Weihnachten 2024 wird die Welt nicht heil machen und alle Stürme des Lebens zum Schweige bringen. Weihnachten wird wieder „nur“ Hoffnung bringen. Aber von wegen „nur“. Ich sage: Hoffnung ist eine göttliche Kraft. Dass es nicht aussichtslos ist und auch nicht immer dasselbe, bis in alle Ewigkeit. Gott herrscht in Ewigkeit. Das Gute herrscht in Ewigkeit. Darauf zu warten lohnt sich, davon erzählt der Advent. Und in den evangelischen Gottesdiensten und aus den Kirchen ist heute laut der Ruf zu hören: „Seht auf! Erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.“ (Lukas 21,28) Hoch mit dem Blick! Das Kinn hat auf der Brust nichts verloren! Eine Geburt steht bevor. Ein Neuanfang, und es wird sich alles verändern.
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