SWR Kultur Lied zum Sonntag

08DEZ2024
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Musik 1
„Tröstet, tröstet mein Volk!, spricht euer Gott. Redet mit Jerusalem freundlich und predigt ihr, dass ihre Knechtschaft ein Ende hat.“

Mit diesen Worten werden im Buch des Propheten Jesaja Menschen in der Verbannung angesprochen. Aus dem kleinen Land Juda waren sie ins weit entfernte Babylon verschleppt worden. Nun soll sich ihr Schicksal drehen. Das mächtige Babylon wird selbst besiegt.

Aus den Versen der Bibel dichtete der Hamburger Pfarrer Waldemar Rode im Advent 1937 ein Lied. Er lernte den Kirchenmusiker Hans Friedrich Micheelsen kennen, der dazu ein paar Monate später die Melodie schrieb:

Musik 2:
1. „Tröstet, tröstet“, spricht der Herr, „mein Volk, dass es nicht zage mehr.“
Der Sünde Last, des Todes Fron nimmt von euch Christus, Gottes Sohn.

Ein Volk soll getröstet werden. Dabei ist es schon nicht leicht, einen einzelnen Menschen zu trösten. Wenn ich das versuchen will, muss ich dem Leid, dem Kummer, der Trauer standhalten – ohne mich selbst davon herunterziehen zu lassen. Das ist schon nicht einfach. Aber gleich ein ganzes Volk?

Der Prophet kann das, weil er die richtigen Worte findet. Er verschweigt nicht, was falsch gelaufen ist. Waldemar Rode nimmt das auf und bezieht es auf Christus, der die Last der Sünde wegnimmt. So werden die Worte des Propheten zum Adventslied. Damit konnte Rode im Jahr 1937 Hoffnung ausdrücken, kurz bevor Gewalt und Unrecht sich himmelhoch auftürmten und entsetzliche Abgründe aufrissen.

Musik 2:
3. Ebnet, ebnet Gott die Bahn, bei Tal und Hügel fanget an. Die Stimme ruft: „Tut Buße gleich, denn nah ist euch das Himmelreich.“

Der Weg zum Himmel führt über die Buße. Die getröstet werden sollen, die sitzen auf den Trümmern ihres Scheiterns und ihrer Schuld. Waldemar Rode lässt hier Jesus selbst predigen: „Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!“ Dadurch, dass der Himmel so nahe ist, wird die Buße möglich. Gott selbst schenkt die Zukunft. Nicht irgendwann vielleicht – jetzt. Der Himmel ist Gottes Licht mitten in dieser Welt, mitten in der Not und Schuld, dem Leid und dem Scheitern, mitten in alledem, was im Großen oder in meinem kleinen persönlichen Leben schrecklich schiefgehen kann. Gott kommt – ebnet ihm die Bahn!

Musik 2:
4. Sehet, sehet, alle Welt die Herrlichkeit des Herrn erhellt. Die Zeit ist hier, es schlägt die Stund, geredet hat es Gottes Mund.

„Geredet hat es Gottes Mund.“ Gottes Wort bleibt. Das ist der Trost, der sich nicht darauf beschränkt, die Wunden zu pflegen, sondern der einen Weg nach vorne bahnt. Die Getrösteten dürfen den Blick heben und dorthin schauen: wo Gott selbst ihnen entgegenkommt. Wo es hell wird, mitten in der Finsternis.
Das Adventslied spricht von Hoffnung – in einer Zeit, die wenig Grund zur Hoffnung gibt. Den Grund gibt Gott uns. Immer.

Musik 2:
6. Hebe deine Stimme, sprich mit Macht, dass niemand fürchte sich. Es kommt der Herr, eu’r Gott ist da und herrscht gewaltig fern und nah.

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Musik
„Tröstet, tröstet, spricht der Herr“ (EG 15)

Komponist
T: Waldemar Rode 1938
'M: Hans-Friedrich Micheelsen 1938

Musikquellen

Musik 1: [BR] 66039030Z00 01-001 / Tröstet, tröstet, spricht der Herr. Choral mit Orgelvorspiel / Tröstet, tröstet, spricht der Herr. Choral mit Orgelvorspiel / Micheelsen, Hans Friedrich; Schneidt, Hanns-Martin; ... Schneidt, Hanns-Martin; Chor der Himmelfahrtsk

Musik 2: [BR] 88055530Z00 01-002 / Tröstet, tröstet, spricht der Herr. Choral, EG 15 (EKG 13) / 3 Choräle aus dem Evangelischen Kirchengesangbuch (EKG) / Micheelsen, Hans Friedrich; Metzger, Hans-Arnold; ...       Vokalensemble München

https://www.kirche-im-swr.de/?m=41138
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