SWR4 Abendgedanken
Ich hab ein neues Wort gelernt: Hoffnungstrotz.
Eine Studentin hat es mir vor wenigen Wochen beigebracht. Nämlich am Tag nachdem Trump in den USA gewählt worden ist und die Ampelkoalition ihr Ende bekannt gegeben hat. Mir gefällt das Wort richtig gut. Es meint: Trotz allem die Hoffnung nicht aufgeben. Trotz allem, was in der Welt geschieht, aller Unsicherheit, aller Sorgen. Nicht nur ein bisschen Hoffnung haben. Sondern so richtig. Gerade jetzt. Trotzig dagegenhalten. Hoffnungstrotz eben.
Um diese trotzige Hoffnung geht’s auch im Advent. Dass Gott da ist und mich nicht alleine lässt. Komme, was wolle. Auch, wenn ich es nicht immer spüren und glauben kann. Vielleicht ist diese trotzige Erinnerung an diese Hoffnung deswegen in solchen Zeiten umso wichtiger. Die Texte und Lieder in den Wochen vor Weihnachten erzählen durch die Bank davon.
Zum Beispiel das Adventslied: Kündet allen in der Not. Ich höre und singe das ganz gern, weil ich da ebenso eine trotzige Hoffnung heraushöre, wenn es heißt:
„Kündet allen in der Not: Fasset Mut und habt Vertrauen.
Bald wird kommen unser Gott; herrlich werden ihr ihn schauen. Und den Refrain mag ich besonders: „Allen Menschen wird zuteil Gottes Heil.“ Der Autor dieser Worte, Friedrich Dörr, war katholischer Priester. Er war als Seelsorger im zweiten Weltkrieg unter anderem in Frankreich und Leningrad. Ich kann mir kaum vorstellen, wieviel Not er gesehen und erlebt hat. Wenn er später trotzdem solche Texte schreiben konnte, muss er unbändigen Hoffnungstrotz gehabt haben. „Kündet allen in der Not“ .
Das ist für mich Advent. Neben Kranz, Geschenke besorgen und Glühwein. Dass ich immer wieder Lieder singe und Texte höre, die mir sagen: Hey, egal, wie verrückt die Welt gerade ist. Es gibt Hoffnung. Immer. Und manchmal reicht ein einziges Wort dafür. Ich gebe zu: Manchmal braucht es ein wenig mehr. Manchmal braucht es auch ein trotziges: Nein, es geht nicht alles den Bach hinunter. Wenn mir das jemand wieder einmal vorjammern möchte. Dieser Jammermentalität möchte ich in meinen Predigten und in persönlichen Begegnungen und Gesprächen widersprechen.
Und damit ich das nicht vergesse, habe ich mir es auf eine Postkarte geschrieben und innen an meine Haustür geklebt. Sie erinnert mich jetzt jeden Tag, wenn ich aus dem Haus gehe, egal, was in der Welt los ist, egal, wer Präsident wird oder was sonst passiert: Ich werde hoffnungstrotzig bleiben.
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