Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

22NOV2024
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Alles hört auf. Alles vergeht. Novembergedanken. Alles findet ein Ende. Irgendwann. Tröstlich können sie sein, solche Gedanken im November. Ich weiß nicht, ob Sie mir da gleich zustimmen können… Aber mir geht es so. Ich bin zwar nicht immer, aber doch manches Mal froh, wenn etwas, das mir „ewig“ erschien, am Ende dann doch endlich ist. „Das Gute am Gewitter ist, dass es irgendwann aufhört“, so habe ich einmal gelesen. Da ist was dran.

Die Krankheit von Martin, die Pflege, die seine Frau Gitte so lange ausgelaugt hat. Beides erschien „ewig“. Es schien, als würden sie jeden Tag zwar mit weniger Energie beginnen, aber ein Ende? Ein Ende war einfach nicht abzusehen. Ich hatte den Eindruck, dass das alles für immer so weitergehen würde. Dass beide immer weniger wurden, konnte man sehen. Und doch ging es Tag für Tag weiter…
Und dann sagt man schließlich, was wahr ist: Es war eine Erlösung. Für Martin. Und so auch für Gitte.

Der Gedanke ist nicht neu. Schon auf den ersten Seiten der Bibel bestimmt Gott, so wird da erzählt, die körperlichen Grenzen des Menschen. Mit maximal 120 Jahren soll Schluss sein*. Novembergedanken. Tröstlich. Kein weiteres Leiden mehr, kein „ewig“, jedenfalls nicht in diesem Körper.

Ewigkeitscharakter schien auch die eigentümliche Beziehung von Frank und Beate zu haben. Doch dann haben sie sich getrennt. Zwei Jahre ist das jetzt her. Ich wusste nicht so recht, ob ich mich freuen oder schreien soll. Alles hört auf. Alles vergeht. Ich leide daran und doch konnte ich sehen, dass sie einander nicht guttun, dass sie keinen Weg herausfinden aus der Spirale von Verachtung und Enttäuschung. Es schien, als würden sie ewig aufeinander einhacken. Jetzt nicht mehr. Sie haben ein Ende gesetzt. Novembergedanken. Es muss nicht schlecht sein. Sie haben gemerkt: Die Gefechte haben aufgehört. Die Liebe eigentlich nicht. Sie ist anders geworden. Die beiden sind Freunde geworden. Frank scherzt mit mir: „Du zitierst doch immer die Bibel, dass alles aufhört, nur Glaube, Hoffnung und Liebe nicht.“

Novembergedanken. Alles hat seine Zeit. Begrenzte Zeit. Solche Gedanken können auch tröstlich sein. „Das Gute am Gewitter ist, dass es irgendwann aufhört.“ Wenn man mittendrin ist, scheint es „ewig“. Das ist es nicht. Und das ist gut so.

*Genesis/1.Mose 6,3

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