SWR4 Abendgedanken

14NOV2024
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Heute vor 84 Jahren haben deutsche Bomber im Zweiten Weltkrieg die Innenstadt von Coventry in England zerstört. Solch einen „Krieg aus der Luft“ hatte es vorher nicht gegeben. Und „Coventrieren“ wurde zu einem Begriff für die Vernichtung einer Stadt aus der Luft.

Auch von der Kirche des Ortes sind damals nur die Außenwände stehen geblieben. Im Inneren war sie total ausgebrannt. Richard Howard, der damals Probst an der Kirche von Coventry war, hat nach der Zerstörung seiner Kirche etwas getan, was zunächst einige verstört hat. In der vom englischen Radio übertragenen Weihnachtsmesse rief er die Zuhörer zur Versöhnung auf. An Versöhnung hatte mitten im Krieg gewiss keiner gedacht. Doch dem Pfarrer war dieser Aufruf wichtig, weil ihm klar geworden war, dass die Gewaltspirale zwischen den Kriegsparteien sonst nie ein Ende finden würde. Das Kriegstreiben, das eigentlich niemand will, wird sonst, wenn keiner den ersten Schritt wagt, immer nur weiter gehen.

Coventry war eine Industriestadt. Neben den Fabriken wurden 4330 Häuser und Kulturgüter zerstört. 568 Menschen sind gestorben und 850 Menschen wurden verletzt, später wurde auch London bombardiert und Dresden, Berlin und andere Städte erlebten ähnliche Schicksale. Wenn ich die Bilder von damals oder gerade auch die Bilder aus den Kriegs- und Krisengebieten unserer Tage sehe, dann lässt mich das sprachlos sein. Wie kann es sein, dass Menschen sich gegenseitig so etwas antun? Und wie kann es sein, dass wir seit damals anscheinend nichts dazu gelernt haben?

Der Probst von Coventry hat damals ein Symbol für seinen Gedanken der Versöhnung hergestellt, das die Menschen bis heute berührt: Aus zwei zerstörten Dachbalken der mittelalterlichen Kirche stellte er ein großes Kreuz in der Ruine seiner Kirche auf, später gestaltet er ein Kreuz aus drei Nägeln aus den verbrannten Balken. Die Botschaft ist klar:  Christus leidet, wenn er sieht, was wir Menschen uns auf dieser Welt gegenseitig antun.  Als Geschenk der Gemeinde von Coventry findet sich ein Nagelkreuz heute in der Dresdener Kreuzkirche und eines in der Kaiser -Wilhelm-Gedächtnis-Kirche in Berlin.

Es bleibt als Symbol der Hoffnung und ein Zeichen der Versöhnung und hört nicht auf, nach Frieden zu rufen: auch und gerade heute!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40997
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