Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP
Mittagszeit, Suppe auf dem Herd, mir fehlt noch was Grünzeug, ich gehe in den Garten der Nachbarin und schneide etwas Petersilie und Schnittlauch ab.
Neidisch liegt ihre Katze auf der Fensterbank im Wohnzimmer und schaut mir zu. Sie will auch gern in den Garten, aber es ist eine Stubenkatze. Pech.
Erinnert mich an ein altes Lied von Reinhard Mey: „es gibt Tage, da wünscht ich ich wär mein Hund.“
Der Hund sieht faul auf dem Kissen frühmorgens dem hektischen Menschen zu, hat genau 2 Interessen: Schlafen und Fressen. Als Hund kann man Menschen, die einem stinken, in den Hintern beißen. Der Mensch kennt seinen zahnärztlichen Befund: besser nicht zubeißen, sonst Zahnverlust. Nur die Kühlschranktür bekommt der Hund nicht selbst auf, und Reinhard Mey vermutet:
„dann wünscht mein Hund, er wäre ich“.
Ich bin mir nicht sicher, ob Reinhard Mey so ganz genau weiß, was seinen Hund bewegt. Wann der Hund sich wünscht, Reinhard Mey zu sein und ob er dann komplett tauschen wollte oder nur zum Teil.
Die Idee, mit jemand anderem das Leben zu tauschen, ist ja nett, aber dann eben nicht nur die Rosinen, sondern das ganze Paket.
Wenn ich tauschen könnte: will ich alles, was der andere hat?
Sein Auto, sein Boot, sein Haus ? Das klingt ja sehr verlockend, wenn ich so auf meine Bekannten schaue, was die sich so leisten können. Was man natürlich nicht sieht: den Herzschrittmacher, die schwierige Kindheit, den 12 Stunden-Tag im Beruf.
Will ich ihre schönen Klamotten, die süßen Kinder, das heile Familienleben? Auch den Spagat zwischen Job und Familie und die ständige Zeitnot und die Schwiegereltern?
Wenn ich alles genau überlege, will ich doch eher nur die Rosinen, nicht das ganze Paket. Und wenn ich noch weiter überlege und mir die Pakete der anderen vorstelle, dann bin ich mit meinem Paket und den Rosinen drin ganz zufrieden.
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