SWR1 Begegnungen

27OKT2024
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Tommy Bright copyright: Privatfoto

Caroline Haro-Gnändinger trifft: Michael Albrecht aus dem Rems-Murr-Kreis.

 Er hat sich einen Künstlernamen zugelegt: Tommy. Und als Tommy ist er Zauberer. Dabei geht’s ihm um Sinnestäuschungen, aber auch um Sinnfragen und die stellt er aus seinem christlichen Glauben heraus. Das macht mich neugierig. Denn mich faszinieren Zaubertricks - und ich bin gläubige Christin. Tommy erzählt, wie er bei einem Jugendtreff vom CVJM, dem Christlichen Verein Junger Menschen, mit dem Zaubern angefangen hat:

Da war ich noch Jugendreferent und wir hatten ein offenes Jugendcafé, in dem tatsächlich, glaube ich, ein Jugendlicher war, der nicht vorbestraft war. Es waren wirklich schwere Jungs, die da waren. Aber wenn man da so einen kleinen Münztrick oder irgendwas mit Karten gemacht hat, dann standen die alle außen rum und wollten das noch mal sehen. Also da habe ich gemerkt, Zauberkunst zieht einfach unheimlich Aufmerksamkeit.

So erlebe ich es auch, als ich ihn besuche - bei einer Show für Ehrenamtliche in einem Kirchengemeindehaus. Er verwandelt ein Messer in eine Gabel oder befreit sich von Handschellen. Zwischendrin erzählt er dem Publikum auch davon, was er mit Gott verbindet. Dass der Glaube an Gott ihm ein Gefühl von Freiheit gibt.

Eigentlich geht es mir darum, dass die Leute lachen und staunen und vor allem staunen über die Botschaft, die ich ihnen erzähle. Also die ist ja nicht von mir, sondern aus der Bibel, weil ich finde, diese Botschaft ist es wert, dass man sie erzählt und dass auch Leute drüber staunen und auch fröhlich sind dabei. Wenn die Leute lachen können und hinterher sagen, das bleibt mir im Kopf, dann finde ich es gelungen.

In seiner Show zeigt er einen kleinen Spiegel – den scheint er mit Nägeln zu durchstechen, aber am Ende ist der Spiegel ganz.

Ich habe einen Spiegel dabei, in den ich auch reinschaue, den ich den Leuten vor‘s Gesicht halte und sage: Was siehst du? Die ganzen Verletzungen, alles, was du schon erlebt hast und so. Was siehst du eigentlich, wenn du in den Spiegel guckst? Und dann die Frage: Was sieht Gott, wenn er dich anschaut?

Tommy glaubt: Gott sieht mit Liebe auf jeden. Mich berührt das deshalb, weil er mir erzählt, dass es für ihn zuerst nicht so eindeutig war. Mit Gott konnte er als Jugendlicher wenig anfangen, hatte große Versagensängste und seine Kindheit war schwierig. Über seine Schwester kommt er damals zu einer Jugendgruppe einer Kirchengemeinde:

Dann bin ich in diesem Jugendkreis gelandet. Und habe plötzlich dort Leute kennengelernt, die mich angenommen haben, wie ich bin, die mir ein Zuhause gegeben haben, das ich vorher nirgends hatte, weder in der Schule noch wirklich zu Hause. Und ich habe relativ schnell so ein Gefühl davon bekommen, dass das nicht einfach nur nette Menschen sind, sondern dass die an einen Gott glauben, der anders ist, als ich immer dachte. Nämlich ein Gott, der eine Beziehung will.

Das sehe ich auch so. Und für mich als Christin ist Gott jemand, der ein gutes Leben will – für mich und für alle Menschen. Ein Leben in Fülle, so heißt es in der Bibel. Dafür muss ich auch aktiv werden. Tommy hat da Vorbilder:

Also Mutter Teresa zum Beispiel finde ich unheimlich spannend, wie jemand so sich aufopfern kann für arme Menschen. Das inspiriert mich. Da denke ich: Mensch, würde ich nie schaffen. Da bin ich wahrscheinlich viel zu egoistisch dafür.

Klar, wer würde das schon schaffen, sich so für kranke und sterbende Menschen einzusetzen. Aber wie er finde ich: Vorbilder können mir helfen, Menschlichkeit in meinen Alltag zu bringen.

Ich treffe Michael Albrecht mit dem Künstlernamen Tommy bei einer seiner Zaubershows in einer evangelischen Kirchengemeinde. Immer wieder staunen die Zuschauer: Das Seil war doch eben noch durchgeschnitten, warum ist es jetzt ganz? Wie konnte aus der Seifenblase eine glänzende Glaskugel werden? Und ich frage mich – kann Tommy eigentlich noch staunen?

Mein Blick auf die Welt hat sich auch dadurch, dass ich an Gott glaube, sehr verändert. Dass ich irgendwann gemerkt habe: Warum muss ich denn groß nach Wundern suchen? Es reicht doch, wenn ich mir diese Welt angucke. Diese ganzen Mechanismen auch in Physik und Biologie und so, wie das alles funktioniert. Sogar an den schlimmsten Orten in der Wüste und in der Antarktis und so gibt es irgendwo Leben. Also überall trifft man auf Leben.

Da wo Leben möglich ist, sich wieder Türen auftun, da ist Gott auch, so stelle ich‘s mir auch vor. Und ansonsten: Wo erlebt Tommy Gott noch? Im Auto, wenn er Musik hört, bei der es auch um Glauben geht:

Das ist so eine total abwechslungsreiche und groovige Musik und trotzdem unheimlich tiefgehende Texte. So was baut mich unheimlich auf.

Tommy erzählt mir davon, dass er Gott immer wieder auch in schwierigen Situationen erlebt hat, zum Beispiel im Krankenhaus.

Also es war zum Beispiel so, dass meine Eltern relativ kurz hintereinander gestorben sind, beide an Krebs. Als mein Vater im Krankenhaus war, in diesem Sterbebett dann lag, haben meine Frau und ich die Gitarre mitgebracht, wir haben gesagt, wir wollen einfach noch ein paar Lieder für ihn singen. In dem Moment, als wir da gesungen haben, habe ich plötzlich so sehr Gottes Gegenwart in diesem Krankenzimmer gespürt.

Ein intensives Erlebnis. Ich frage mich: Kennt er eigentlich auch Zweifel?

Bevor mein Vater gestorben ist, war ich tatsächlich ein bisschen im Zweifel. Liebt Gott mich noch, weil ich habe oft gebetet dafür, dass mein Vater wieder gesund wird und es hat halt nicht geklappt. Und ich habe mich gefragt: Ist er noch da? Also hört er mich noch? Interessiert es ihn, was ich bete?

Ich finde, wer zweifelt, nimmt seinen Glauben auch ernst. Und ihm ist es ernst, trotz Zweifel glaubt er: Gott ist da und interessiert sich. Und das erlebt Tommy auch durch andere Menschen. Deshalb betet er bis heute sehr oft.

Ich weiß noch: Meine Mutter hat mal gesagt, sie will nicht so viel bitten, weil Gott was Besseres zu tun hat. Und das glaube ich nicht. Ich glaube, Gott ist so groß, dass er sich wirklich um all unsere Kleinigkeiten kümmert. Er wird die natürlich nicht alle erfüllen, aber ich glaube, wenn es um eine Beziehung geht, dann geht es auch darum, alles miteinander zu teilen. Und das ist das, was ich dann auch mache.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40926
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