SWR3 Gedanken
Es ist wieder Gruselzeit! Gespenster, Zombies mit blutunterlaufenen Augen und Hexen auf kleinen und großen Besen sind heute Nacht unterwegs. In der Nacht vor Allerheiligen: Al Hallows Eve. Gruselig. So manches Kostüm ist nichts für schwache Nerven.
Es ist Zeit, böse Geister zu vertreiben! Darum ging es nämlich in vorchristlicher Zeit, als die Kelten dieses Fest feierten: Darum so gruselig auszusehen, dass selbst die bösen Geister Reißaus nehmen.
Und auch wenn ich nicht an böse Geister aus der Totenwelt glaube, gruseln mich zurzeit viele böse Geister der Gegenwart. Zum Beispiel der Geist, der online sein Unwesen treibt und Menschen ermutigt, Beleidigungen und Hetze in ihre Tastatur zu hauen und Nachrichten voller Hass zu versenden. Mich schaudert es auch, wenn ich lautes populistisches Gezeter vom Poltergeist höre, der den Leuten vermeintliche Wahrheiten einflüstert. Ich zittere vor dem Geist, der nicht verstanden hat, dass Menschen, egal welchen Geschlechts, einander lieben können und dürfen. Ich habe Höllenangst vor dem Geist, der uns einredet: wir sind am allerwichtigsten! Wir zuerst! Ach, ja und dann ist da noch der scheinbar harmlose Geist mit Namen „Das haben wir immer schon so gemacht“.
Es wäre schön, wenn wir die Nacht nutzen könnten, um diese realen Geister zu verscheuchen. Dem Spuk endlich ein Ende bereiten.
Aber als Mensch und Christin weiß ich: leider hilft es eben nicht, noch gruseliger zu sein als die bösen Mächte. Wir können niemanden mit seinen eigenen Waffen schlagen. Sinnvoller – und an Halloween ja auch gebräuchlich - ist es, ihnen etwas Süßes für ihre Seelen zu schenken. Denn ich hoffe immer noch: eigentlich ist es genau das, was den bösen Geistern fehlt: Süße Liebe. Selbstliebe, Nächstenliebe und Weltliebe.
Das ist der Zucker, den ich in dieser Nacht verteilen werde, im Kampf gegen die bösen Geister.
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