SWR Kultur Lied zum Sonntag

03NOV2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Novemberstimmung.

Regenschwere Tage in grau, fallende Blätter und zum Nachmittagskaffee fängt es bereits an dunkel zu werden.

Der November ist ein Monat, in dem alles ein bisschen stiller wird, ein bisschen ernster und ein bisschen weniger bunt, ein Monat in Molltönen. Diese Stimmung greift auch das heutige Lied zum Sonntag auf. Es wirkt fast schon wehmütig und melancholisch, schmerzlich und schön zugleich.

 

  1. Strophe

Noch ehe die Sonne am Himmel stand,
die Nacht ein Ende fand,
noch ehe sich ein Berg erhob,
zu scheiden Meer und Land,
bist du Gott, unser Gott,
die Zuflucht für und für.
Dir leben wir, dir sterben wir,
wir gehen von dir zu dir.

 

Ja, es gibt sie die Regentage des Lebens voller undurchsichtigem Nebel und matschigem Laub unter den Füßen.

Tage an denen ich einfach scheitere und mich ungenügend fühle. Oder an denen ich mich frage, warum vieles in der Welt so ist, wie es ist?

Eugen Eckert, Stadionpfarrer in Frankfurt, hat 1991 den Text des Liedes verfasst. Als Grundlage dient ihm Psalm 90 aus der Bibel. Dieser Psalm ist ein Klagepsalm. Mir macht das deutlich, dass Zeiten der Krise und des Fragens dazu gehören und sein dürfen. Und der Mensch, damals wie heute, Gott seine Klage vor die Füße werfen darf.

 

  1. Strophe

Der du allem Leben den Atem schenkst,
hab mit uns noch Geduld;
wo wir versagen, irre gehn,
vergib uns unsre Schuld.
Du bist Gott, unser Gott, …

 

Der November ist auch ein Monat, der mich daran erinnert, dass ich endlich bin. Das Lied lässt mich spüren, dass dies kein Grund ist zu verzweifeln.

Im Psalm 90 heißt es:

Unsere Tage zu zählen, lehre uns! Dann gewinnen wir ein weises Herz.

Ich verstehe das so, dass jeder Tag zählt. Und zwar nicht als Aufforderung nach dem Motto, also mach jetzt gefälligst was draus, verschwende dein Leben nicht, denn morgen könnte es vielleicht zu spät sein. Nein, es ist vielmehr ein tröstendes Versprechen. Dass Gott da ist. Am Anfang und am Ende und zwischendrin. Wie ein Ort, an dem man sich zu Hause fühlen darf. Von dem man kommt und wo man jederzeit wieder hin kann.

Jeder Tag zählt, heißt: dein Leben zählt - auch an grauen Novembertagen.

 

  1. Strophe

Der du deine Kinder sterben lässt,
gib Weisheit, unserer Zeit
in Lob und Klage zu bestehn,
und sei im Tod nicht weit.
Du bist Gott, unser Gott,

die Zuflucht für und für.

Dir leben wir, dir sterben wir,

wir gehen von dir zu dir.

Komponist

Text: Eugen Eckert 1991 nach Ps 90

Musik: Sergej Andrewitsch Bazuk (1910-1973)

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40903
weiterlesen...