SWR4 Abendgedanken

23OKT2024
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Haben Sie heute schon jemanden angelächelt? Habe ich jemanden angelächelt? Da muss ich kurz überlegen. Ja, es fallen mir ein paar Leute ein. Der Inhaber der Postfiliale. Der ist immer freundlich, selbst im größten Stress. Die unbekannte Autofahrerin, die mich hat einscheren lassen. Die Enkelkinder beim Bilderbücherlesen per Video. Erwartungsvoll freundlich schauen sie mich immer an, damit ich endlich loslege. Wenn ich so länger darüber nachdenke, waren es eine ganze Reihe von Menschen und viele Lächelmomente. Selbst wenn ich mich jetzt dran erinnere, muss ich noch einmal lächeln. Um das Lächeln scheint es einen besonderen Zauber zu geben.

Die meisten Menschen lächeln zurück, wenn man sie anlächelt. Das wirkt wie so ein bisschen Sonne. Und es tut gut. Ehrlich, ich kann das gebrauchen! Vor allem jetzt, wenn es so früh dunkel wird und sich alle Leute schnell wieder in ihre Wohnungen verkriechen. Die Abende sind lang. Aber – wenn ich tagsüber Lächeln sammeln konnte, fühlen sie sich viel wärmer an. Angelächelt werden und selbst Lächeln macht gute Laune.

Ich frage mich, was eigentlich dabei zwischen zwei Menschen geschieht. Ich glaube, dass wir für einen Moment eine Verbindung spüren: Es gibt dich und es gibt mich. Lächeln kann viel bedeuten. Es kann heißen: Ich tu dir nichts. Oder: Hab keine Angst. Oder: schön, dass es dich gibt. Oder einfach nur: Danke. Für einen kurzen Moment bin ich nicht alleine. Und am Abend, wenn das alles schon zurückliegt, kann es gut sein, dass mir die Erinnerung an solche Momente noch mal ein Lächeln ins Gesicht zaubert.

Ich stelle mir vor - mal ganz menschlich gedacht – dass Gott auch manchmal über uns lächelt. Trotz aller Katastrophen, die wir Menschen verursachen. Dass Gott sich freut über das Kind, das an seiner Brezel kaut – oder darüber, wenn einer dem anderen hilft – über zwei Verliebte – und über tausend andere Momente jeden Tag.

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