Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW
Neulich war ich schick zum Essen eingeladen. Ein feines Vier-Gänge-Menü gab es da: Buntes Gemüse an Basilikumpesto, dann eine würzige Brokkoli-Cremesuppe. Als Hauptgericht wurden dreierlei Knödel an Pilzrahm serviert und zum Abschluss Dessertvariationen mit Schokolade. Sehr lecker!
Das Besondere an diesem Menü war aber noch etwas anderes: Alle Zutaten, die dafür verwendet wurden, wären fast auf dem Müll gelandet wären. Wenn sie nicht jemand gerettet hätte…
Eingeladen war ich nämlich ins Foodsharing-Café. Solche Cafés gibt es jetzt in vielen Orten – vielleicht auch in Ihrer Nähe. Dort engagieren sich Leute, die etwas gegen Lebensmittelverschwendung tun wollen. Sie holen in Läden und Bäckereien Waren ab, die sonst in der Tonne landen würden – und geben sie kostenlos weiter. Im Café – und auch an anderen Stellen in der Stadt – gibt es sogenannte Fair-Teiler, Schränke, aus denen man gerettete Lebensmittel kostenlos mitnehmen kann. Manchmal treffen sich die Ehrenamtlichen im Café auch zu Schnibbel-Aktionen, bei denen sie frische Waren verarbeiten, die sich nicht mehr lange halten.
Ein Vier-Gänge-Menü, wie ich es genießen durfte, gibt es natürlich nicht alle Tage – aber das Café ist regelmäßig geöffnet. Zum Cappuccino gibt es dann zum Beispiel eine Schneckennudel vom Vortag, die sonst schon im Müll wäre. Für beides bezahlt man so viel, wie es einem Wert ist – oder wie man eben aufbringen kann. So können sich auch Leute mit schmalem Geldbeutel leisten, mal einen Kaffee trinken zu gehen.
Ein tolles Konzept, finde ich. Für mich als Christin gehört es auch zu meinem Glauben, respektvoll mit Nahrungsmitteln umzugehen. Weil ich Gott dankbar bin für das, was ich habe – und weil ich glaube, dass wir alle Verantwortung tragen: Dafür, dass Nahrungsmittel möglichst gerecht und sinnvoll verteilt werden – und dafür, dass wir unserem Planeten nicht durch sinnlose Massenproduktion schaden.
Diese Überzeugung teilen übrigens auch viele andere Religionen: Jüdinnen und Juden sind genauso dazu aufgerufen, nichts zu verschwenden – weil es Gottes Gabe ist. Auch im Islam gibt es viele Überlieferungen, die mahnen, Lebensmittel nicht achtlos wegzuwerfen. Als Zeichen von besonderem Respekt gibt es in vielen muslimischen Familien sogar die Tradition, das Brot zu küssen.
Ich bin froh, dass ich meine Überzeugung mit so vielen anderen Menschen teile. Und ich finde es super, dass die Lebensmittelretter mit ihren Fair-Teilern es mir leichter machen, mit Nahrungsmitteln gut umzugehen. Außerdem weiß ich jetzt: Aus den Sachen, die zum Wegwerfen bestimmt waren, kann man richtig lecker kochen. Es muss ja nicht immer gleich ein Vier-Gänge-Menü sein…
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