SWR4 Sonntags-/Feiertagsgedanken

20OKT2024
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„Wenn du mit Jesus redest, dann ist das okay. Aber wenn Jesus mit dir redet, dann bist du ein Fall für den Psychiater“. So habe ich es letztens auf einer Tagung gehört, und alle haben gelacht. Aber ist es wirklich so schräg, wenn Menschen mit Jesus reden? Ist das Gebet nicht auch eine Form von Reden und Hören?

Es stimmt schon, Menschen, die Stimmen hören, sind irgendwie verdächtig. „Die ham doch einen an der Waffel“, denkt man da doch unwillkürlich. Und es gab schon so manche Sektenführer, die angeblich die Stimme Gottes gehört und dann Menschen mit sich in den Tod gerissen haben.

Auf der anderen Seite erzählen mir Menschen, dass sie übernatürliche Erfahrungen machen: In einer Studie habe ich gelesen, dass 80 Prozent aller Menschen bereits übernatürliche Erfahrungen gesammelt haben. Sei es ein Traum in der Nacht, eine Erscheinung beim Wandern in der Natur, ein wohliges Umhülltsein beim Besuch einer Kirche oder auch ein besonderer Satz einer Freundin mitten im Gespräch.

Als Christ glaube ich, dass Gott mit uns kommunizieren will, dass er den Kontakt mit uns Menschen sucht. Als er seinen Sohn Jesus Christus in die Welt geschickt hat, hat er Kontakt zu uns Menschen aufgenommen. Kurz bevor Jesus dann starb, versprach er, einen „Tröster“ zuschicken: den Heiligen Geist. Der soll den Kontakt zu uns Menschen auch weiterhin halten.

Aber wie macht er das? Viele Jahre gab es für mich darauf nur eine Antwort: Durch die Bibel. Gott redet durch die Bibel. Über meinem Schreibtisch hängt der Spruch: „Behaupte nicht, Gott redet nicht mit dir, wenn deine Bibel geschlossen ist.“ Die Beschäftigung mit der Bibel führt oft zu erstaunlichen Erkenntnissen. Denn Gott redet durch die Bibel zu meinen Verstand.

Dann habe ich entdeckt, dass er auch über mein Gefühl und über meine Sinne mit mir redet. Zum Beispiel in der Musik. Ich mache selbst gerne Musik, weil Musik mich sehr berührt. Genau an dieser Stelle hat mich Gott erreicht: In meinem Gefühl. Es gibt Lieder, die mich zu Tränen rühren, unbändige Freude in mir auslösen oder tiefe Hoffnung und Zuversicht gegeben. Darum habe ich angefangen, in einer Band mit anderen Musik zu machen und Gott zu loben und zu danken.

Andere Menschen erleben Gott in der Natur. Beim Wandern in den Bergen, am Strand bei einem Sonnenuntergang. Gott redet zu mir über meinen Verstand, meine Gefühle und Sinne.

Ich glaube, dass es eine weitere Art und Weise gibt, in der Gott zu uns Menschen spricht. Manchmal möchte ich geradezu sagen: Ich höre seine Stimme.

 

Es gibt verschiedene Weisen, in denen Menschen Gott begegnen können. Vor ein paar Jahren, 2011, habe ich die Erfahrung gemacht, dass ich seine Stimme auch hören kann.

Damals war ich als Pastor in einer schweren, beruflichen Krise. Ich wusste nicht mehr weiter, hatte kein Ziel mehr und schon gar keine Hoffnung.

In dieser Phase habe ich mich erinnert, wie ich mir als Kind vorgestellt habe, dass Jesus mein Freund ist. Genauso wie andere Freunde auch. Und so habe ich damals mit ihm gesprochen.

Aber ob das heute auch so funktioniert? Ich habe es ausprobiert. Habe mich an meinen Esszimmertisch gesetzt und mir vorgestellt, dass Jesus mir gegenübersitzt, wie ein guter Freund.

Dann habe ich gebetet: „Jesus, wenn du mir etwas zu sagen hast, ich hör dir jetzt zu.“ Danach habe ich geschwiegen. Eine ganze Zeit lang. Am nächsten Tag habe ich mich wieder hingesetzt. Drei Tage lang.

Plötzlich war es wie eine innere Stimme, dir mir sagte: „Ruf die Person mal an, “ „schreib der mal eine E-Mail“, oder: „mach da mal einen Besuch.“ Das habe ich dann auch getan. Und staunend festgestellt: das war genau das, was diese Menschen jetzt gebraucht haben. Ich war fasziniert, wie konkret Gott mich hier geleitet hat.

Sicher, da war nichts akustisch messbar. Aber doch würde ich sagen, ich habe seine Stimme gehört. Es sind kleine Gedankenimpulse, die auf einmal in meinem Kopf entstanden sind. Ich nenne das das Reden des Heiligen Geists mit meinem Geist.

Aber woher weiß ich, dass es wirklich Gott ist, der zu mir spricht? Könnte doch sein ein, dass ich mir das alles nur einbilde...

Zwei Dinge helfen mir zu unterscheiden: Einmal die Heilige Schrift, die Bibel. Wenn ich in der Bibel lese, bekomme ich ein Gefühl für die Stimme Gottes, was er sagen würde.

Die andere Unterscheidungshilfe ist mein gesunder Menschenverstand, die Vernunft: Wenn es guttut, fördert und Menschen aufblühen lässt, dann ist es wahrscheinlich von Gott.

Wenn ich Gott hören will, dann braucht es meine innere Offenheit und – manchmal viel Geduld, wenn er nicht gleich antwortet. Oft ist seine Stimme auch nicht so laut wie viele andere Stimmen und dann habe ich mich schon gefragt: „War das wirklich Gott?“

Da hilft nur ausprobieren und einfach mal machen: Anrufen, eine Mail schreiben oder eben einen Besuch machen. Am besten gleich. Wenn es von Gott ist, macht er Segen draus.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40870
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