Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP
Kennen Sie das Geräusch, wenn Kreide auf der Tafel quietscht? Es gibt ja Leute, denen macht das überhaupt nichts aus, wenn sie das hören. Andere halten sich schon vorher die Ohren zu. Obwohl man eigentlich nie genau weiß, wann die Kreide quietscht. Die Gesichter sehen dann aus als hätten die Leute Zahnschmerzen.
Menschen, die wir gut kennen, erkennen wir an der Stimme. Z.B. kenne ich sogar die meisten Tatort-Kommissarinnen und Kommissare aus dem Fernsehen an der Stimme.
Übrigens erkennen wir Stimmen von anderen leichter als dass wir die eigene Stimme erkennen. Ich wundere mich immer wieder, wenn ich mich selbst im Radio höre. Sie kennen das, wenn Sie sich selbst auf einem Anrufbeantworter hören, oder? Wir hören nach innen irgendwie anders als nach außen.
Manche Menschen sind ja in der Lage, gleichzeitig zu sprechen und zuzuhören, das bewundere ich. Und andere haben das, was man das absolute Gehör nennt. Das stelle ich mir nicht immer angenehm vor, denn es gibt ja so viele falsche Töne.
So oder so, Hören löst Gefühle aus und das hat dann auch Folgen: Ich höre Musik im Radio und ich kann nicht anders als mitzusummen. Oder die Musik bewirkt das Gegenteil und ich drehe das Radio leiser.
Ich höre, wie die Haustür geöffnet wird und entspanne, weil ich ein „Hallo“ von unten höre und weiß: Alle sind gut heimgekommen.
Salomo, ein Mann in der Bibel, wünscht sich ein „hörendes Herz“ von Gott. Er soll König werden und findet, dass er nicht der Richtige ist für diese ganze Verantwortung. Gott fragt ihn, was er ihm geben soll, damit er es sich zutraut: Ein hörendes Herz. Sagt Salomo. Nicht hörende Ohren oder ein absolutes Gehör für die ganzen falschen Töne. Wäre für einen König vermutlich auch nützlich.
Er möchte ein Herz haben, das hören kann, was andere Menschen zum Leben brauchen. Eins, das hört und das sich vor Schmerz zusammenzieht, wenn es in der Welt quietscht und kracht. Unsere Ohren als direkter Weg zum Herzen. Was für eine schöne Vorstellung.
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