Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP
Über Gerüche lässt sich ja streiten. Was die eine gern riecht, ist für den anderen zum Davonlaufen. Ob ein Parfum aufdringlich oder markant ist, ist reine Geschmackssache, beim Geruch von Apfelkuchen oder Zimtschnecken, da wären wir schneller einig.
Sie mögen jetzt die Nase rümpfen und sich schütteln, aber ich mag den Geruch von Chlor, also Schwimmbadchlor. Schon wenn ich in den Eingangsbereich des Hallenbads komme, habe ich ein Gefühl von Nachhausekommen. Für andere Menschen ist der Chlorgeruch mit das Schlimmste am Schwimmbadbesuch.
Viele Stunden habe ich als Jugendliche in Schwimmbädern verbracht, beim Training, bei Wettkämpfen. Für mich ist das Schwimmbad ein Ort, an dem ich die Erfahrung gemacht habe, dass ich etwas gut kann und dass ich durch Training noch besser werde. Für mich ist es ein guter Ort und Chlor ein guter Geruch. Auch an manche Leute von damals erinnere ich mich gern, obwohl sich unsere Wege getrennt haben. Wenn ich Chlor rieche, sind sie wieder da.
Der Geruchssinn hilft uns – ebenso wie die anderen Sinne – unsere Umwelt wahrzunehmen, Dinge und Menschen einzuordnen. Unsere Nase warnt uns, wenn Essen verdorben ist. Sie vermag aber auch den Teenager, der genervt von der Schule nach Hause kommt, in gute Laune zu versetzen, wenn er schon an der Haustür Pizza riecht. Schlechte Laune beim Geruch von Linsensuppe oder Broccoli ist natürlich genauso möglich. Der Geruchssinn ist ein feiner Sinn und er hat Einfluss auch auf unser Gemüt.
Über-Sinnlich nennen wir oft den Glauben an Gott. Weil wir Gott weder sehen noch hören oder riechen können. Und weil wir ihn allzu oft gar nicht spüren.
Trotzdem glaube ich, dass Gott sich gerade durch unsere 5 Sinne seinen Weg in unsere Wahrnehmung bahnt. Unsere Sinne bringen uns Gefühle von Kraft und Gemeinschaft, sogar der Geruch von Schwimmbadchlor schafft das bei mir. Der von Apfelkuchen erst recht. Vielleicht wählt Gott den gleichen Weg, um uns zu erreichen.
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