Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP
Ich weiß nicht, ob es zur Zeit Jesu schon so etwas wie ein Bootsverleih offiziell gegeben hat, aber Jesus könnte ihn erfunden haben. Im Ausleihen war er ja nicht zurückhaltend. Ihm ist es offenbar nicht schwergefallen, sich etwas leihweise zur Verfügung stellen zu lassen.
Dabei weiß die Bibel vor allem davon zu berichten, dass er sich jede Menge Boote ausgeliehen hat. Das kam offenbar andauernd vor. Mehr als 20 Mal wird davon berichtet.
Interessant ist der Zweck. Jesus hat die geliehenen Boote nicht einfach nur benutzt, um von A nach B zu kommen. Natürlich ist es auch das Verkehrsmittel seiner Zeit.
Aber Jesus nutzt den Bootsverleih, um sich zu entfernen, wenn Menschenmengen ihn zu sehr belagerten. Um sich weg vom Land in sicheres Gewässer zu begeben. Immer wieder kommt es vor, dass er von den großen Erwartungen Vieler dermaßen umzingelt scheint, dass ihm nichts anderes übrigbleibt, als in ein Boot zu steigen, um mit etwas Sicherheitsabstand von dort aus zu den Leuten zu sprechen. Wer so viel Zulauf hat, so überwältigend wunderbar helfen und heilen kann, wem es so wortgewaltig gelingt von Gott und der Welt zu sprechen, der muss sich hüten vor Übergriffen und Distanzlosigkeit. Da wird der Begriff „Rettungsboot“ noch mal ganz anders bedeutsam. Jesus braucht Abstand, um Nähe zu zeigen und zu ertragen. Seine Überlebensstrategie im Umgang mit Neugier und Sensation ist bemerkenswert modern. Er hat es offenbar verstanden, für sich selbst zu sorgen, die Wucht der Erwartungen zu ertragen, indem er seine Verfügbarkeit zu dosieren wusste. Nach seinem guten Vorbild, sollten wir alle ein kleines Hausboot im Vorgarten liegen haben, um uns ab und zu in Sicherheit zu bringen, wenn uns die Ansprüche und Anforderungen unserer Umgebung zu überfluten drohen. Und wenn wir schon kein eigenes Boot draußen liegen haben, dann leihen wir uns das von den Nachbarn einfach mal aus.
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