SWR4 Abendgedanken
Alles erlaubt, oder?
Manchen Eltern oder Großeltern stellen sich vermutlich gerade die Nackenhaare auf – nicht auszudenken, wenn den Kids alles erlaubt wäre. Manchmal braucht es doch Grenzen und Regeln, damit nicht völliges Chaos ausbricht…
Paulus hat zwar keine Kinder, aber seine Gemeindeglieder sind für ihn sowas wie Kinder. Er kennt das also. Er ist Apostel und schreibt diesen Satz in einem Brief an die Korinther: „Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Alles ist mir erlaubt, aber nichts soll Macht haben über mich.“ (1. Kor 6,12)
Als ich diese Briefzeilen das erste Mal gelesen habe, dachte ich spontan: „Wow, was für ein überraschender Satz, der hier in der Bibel steht.“, denn ganz ehrlich: Das klingt irgendwie so gar nicht nach Christ-Sein. Viele Menschen verbinden mit Christen und Kirche ja gerade, dass nicht alles erlaubt ist…
Als ich den Vers dann in einer anderen Bibelübersetzung gelesen habe, wurde ich enttäuscht. Da hieß es auf einmal: „Ihr sagt: ‚Ich darf alles!‘ – Aber das heißt doch nicht, dass auch alles gut für euch ist.“ Das klingt jetzt völlig anders. Und doch ist diese Übersetzung viel näher am Urtext und damit die richtige…
Also doch wieder alles verboten? Typisch langweiliges Christ-Sein eben?
Nein. Ich glaube, Paulus geht es hier um das richtige Maß und Ziel. Und dazu zählt er zunächst erstmal ausführlich sämtliche Missstände in der Gemeinde auf. Diese Zeilen entstehen im damaligen Kontext. Manches erscheint mir heute dabei fremd. Doch ich bin überzeugt: Paulus schreibt diese Worte nicht, um alles zu verbieten, sondern um klarzumachen: Als gläubige Menschen soll euer gesamtes Leben dem Herrn dienen. Und dafür müsst ihr euch entsprechend verhalten…
Für mich als Christin heißt das, dass ich mich zukünftig immer mal wieder frage: Dient mein Handeln zum Guten oder lass ich mich von falschen Überzeugungen leiten? Und dann will ich entsprechend handeln. Denn alles ist mir erlaubt. Vorausgesetzt, es dient zum Guten.
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