SWR1 3vor8
In den USA ist es eins der wichtigsten Feste des Jahres: Thanksgiving, der Erntedanktag. Allerdings wird er dort erst Ende November gefeiert. Bei uns ist er heute. Nicht wenigen allerdings dürfte dieser Tag inzwischen wohl herzlich egal sein. Angesichts ganzjährig gefüllter Supermärkte scheint es ein Fest, das irgendwie aus der Zeit gefallen ist. Denn wofür danken und vor allem wem, wenn sowieso immer alles zu haben ist? Kaum jemand ernährt sich schließlich noch allein aus seinem Garten. Klar, da sind die Landwirte, die Obst, Gemüse, Milch und Fleisch produzieren. Da sind Händler und Marktleute, die dafür sorgen, dass wir jederzeit alles schnell und einfach bekommen. Aber letztlich leben sie ja davon. Es ist ihr Geschäft. Wir bezahlen schließlich dafür.
Ein paar Worte, die Jesus seinen Zuhörern mal ans Herz gelegt hat, scheinen zu diesem Befund fast ideal zu passen: Sorgt euch nicht um euer Leben, was ihr essen sollt, noch um euren Leib, was ihr anziehen sollt! Denn das Leben ist mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung, heißt es da. Wozu der ganze Stress also, es gibt genug für alle. Und für Jesus zumindest scheint ganz klar, woher das alles kommt: Von Gott natürlich. Gott sei derjenige, der Essen und Kleidung gibt. Der leben lässt. Der schon dafür sorgen wird, dass wir alles Nötige haben. Und dafür dankbar zu sein, das macht letztlich ja auch den tieferen Sinn dieses Erntedanktags aus.
Aber kommt der eine und andere Zweifel an diesem Fest vielleicht auch daher, dass es bei genauem Hinsehen eben doch nicht so einfach ist? Wenn Gott alles gibt, was ist denn dann mit verheerenden Missernten und Hungersnöten? Was mit Menschen, die an Hunger sterben. Auch bei uns gab es die in früheren Zeiten, über Jahrhunderte hinweg. Heute sind sie vielfach menschengemacht. Das Problem des Leids, das sich nicht erklären lässt, beschäftigt Menschen jedenfalls schon, seit sie angefangen haben zu glauben. Auch Jesus hat es nicht aufgelöst. So gesehen erscheinen seine Sätze fast schon zynisch, im besten Fall naiv. Ich bin aber sicher, sie meinen mehr. Jesus hat immer von einem Gott gesprochen, der den Menschen nahe ist. Ein Gott, der sie liebt und sie trägt, was immer auch passiert. „Sorgt euch nicht“, der Satz zielt deshalb nicht nur aufs tägliche Leben, sondern weit über den Alltag hinaus. Am Ende sogar über dieses Leben. Was immer das Leben auch bereithält, soll er wohl sagen, dieser Gott ist bei euch und ihr dürft sicher sein: Ihr seid von ihm getragen.
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