SWR1 Anstöße sonn- und feiertags
Schon als Kind habe ich es gehasst: Danke sagen. Kaum hat mir der Bäcker ein Himbeerbonbon geschenkt – Ältere wie ich erinnern die wunderbar quietschfarbenen Bonbons – gerade hatte ich´s in der Hand: „Wie sagt man?“ Ich hab die Stimme meiner Oma noch im Ohr. Und mich vor Augen, die brav „danke“ nuschelt und rot anläuft. Wie das Himbeergutzel.
Sie war die liebste Oma von allen, hat´s gut gemeint. Aber ich hab´s gehasst. Dieses erzwungene „Sag Danke“. Für das Gutzel, das Wursträdel beim Metzger, das wirklich tolle grüne Kleid von der Tante. „Sei brav, sag Danke“. Ich war schüchtern, hätte lieber freundlich gelächelt, genickt – oder freiwillig Dankeschön gesagt. Besser noch: „So ein tolles Kleid hab ich mir immer gewünscht!“ Stattdessen gleich dieses „Wie sagt man?“.
Danke sagen als Floskel, als Kinder-Pflicht. So hört sich das bis heute für uns Eltern manchmal an. „Daankee“, singt neulich unser Jüngster, grade 14 Jahre alt. Er steht auf dem Sprung in der Tür, ich sitze vor abgegessenen Tellern, nachdem ich zwei Stunden gekocht habe und er in gefühlt zwei Minuten gegessen…
„Daankee“. Sollte ich dieses Danke hassen? Nein. Er meint es gut. Aber noch besser ist’s, wenn er beim Essen sagt: „Also die Pasta war echt super“. Wenn wir bei Tisch reden, lachen, auch streiten und er dann meint: „Also morgen koche ich was für uns.“
Dann bin ich dankbar. Für ihn, die Kinder. Für meinen Mann. Für unser Leben, auch wenn es nicht immer leicht ist – aber doch in einem friedlichen Land. Und ich fühle: Wichtiger noch als Danke sagen ist Danke leben. Dankbar sein für all die himmlischen, besonderen Momente am Tag. Heute feiern wir übrigens Erntedank. Ein Tag, an dem sich das prima üben lässt.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=40799