Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Das 9. und das 10. Gebot. Auch bibelfeste Menschen geraten hier ins Stocken. „Du sollst nicht begehren deines Nächsten Frau“, heißt es da, und „Du sollst nicht begehren deines Nächsten Hab und Gut.“. Dabei gibt es doch schon das 6.Gebot: „Du sollst nicht die Ehe brechen“, und das 7.: „Du sollst nicht stehlen“. Eigentlich könnte das doch reichen. Aber offenbar waren bei der Entstehung der 10 Gebote auch gute Psychologen am Werk. Die wussten: alles, was wir tun, fängt in unserm Innern an. Und die warnen wollten vor dem Spiel mit dem Feuer. Davor, so lange mit einem Gedanken zu spielen, bis ich ihn dann schließlich in die Tat umsetze.
Das heißt aber sicher nicht, dass es generell schlecht ist, zu begehren, etwas unbedingt zu wollen. Wer etwas unbedingt will, wird doch erfinderisch und hat Kraft, sich auch durchzusetzen. Das ist unbedingt nötig in unserer Leistungsgesellschaft. Und in der Liebe ja auch. Was tun Verliebte nicht alles, um ans Ziel ihrer Träume zu kommen! Der Benediktinerabt Notker Wolf nennt die Begierde „eine zutiefst menschliche Eigenschaft, sie ist ihm von seiner biologischen Natur her mitgegeben. Sie brachte den Steinzeitmenschen dazu, einige Gefahren auf sich zu nehmen, um eine begehrte Frucht zu pflücken oder ein Tier zu jagen, das treten und beißen konnte“. Sie kann aber auch zur maßlosen Gier werden,...... die nimmt, was sie bekommen kann – von anderen Menschen oder von der Natur *
Das 9. und das 10. Gebot wollen davor schützen, von der eigenen Gier überrollt zu werden, und sollen helfen, Herr, Frau der eigenen Entscheidungen zu bleiben. Insofern helfen sie freier zu handeln. Und noch etwas: dieses Du sollst nicht begehren, was andern gehört oder zu einem andern gehört, sagt auch: Gebote müssen im Herzen verankert werden. Es reicht auf die Dauer nicht, wenn wir nur aus Angst, entdeckt und bestraft zu werden, unsere Wünsche bremsen. Wir brauchen auch von innen her die Haltung, den andern Menschen zu respektieren und auf das Recht des Stärkeren immer wieder auch zu verzichten.
Maria Meesters, Baden-Baden, Katholische Kirche

*(vgl. Notker Wolf, Matthias Dobrinski, Regeln zum Leben. Die Zehn Gebote – Provokation und Orientierung für heute. Freiburg 2008, 142ff)


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