SWR3 Gedanken

25SEP2024
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Ist das wichtig oder kann das weg? Das hab ich mich in letzter Zeit oft gefragt. Ich bin mit meiner Familie umgezogen und habe dabei unseren gesamten Hausstand ausgemistet. Ich bin darin ziemlich gut, sozusagen ein Profi im Wegwerfen. Meine Frau hingegen hat ein echtes Sammlerherz.

Wir räumen gemeinsam ihre Kartons im Keller aus. Einer davon ist voll mit altem Kram. Kinderfotos, alte Handys, eine Barbiepuppe und Tagebücher. Mir fällt ein gemaltes Kinderbild mit unerkennbarem Gekritzel in die Hände. Ich sag zu meiner Frau: „Ist das dein Ernst? Das kann doch wirklich weg.“ Aber sie protestiert: „Auf keinen Fall, schau doch mal! Das habe ich damals an meinem ersten Kindergartentag gemalt.“

Tatsächlich steht unten in der Ecke ein Datum. Ich bin überrascht und denke mir: „Wow, wie stark, dass sie dieses Bild noch hat.“ Ich meine, wer kann sich schon an seinen ersten Kindergartentag erinnern? Ich kann mich nicht mal mehr an die 5. Klasse erinnern. Wie wertvoll es doch ist, Dinge zu haben, die einen an bestimmte Momente im Leben erinnern, einfach, weil es sie noch gibt.  Für mich ist es zum Beispiel der alte Jugendraum, indem ich unzählige Stunden mit meiner Clique verbracht habe. Oder die Minibilder vom Fotofix Automat, vom ersten Date mit meiner Frau.

In unserer Gesellschaft, da gibt es sowas auch. Zum Beispiel den Tag der Wiedervereinigung, heute in einer Woche, oder auch die vielen Gedenkstätten an den Holocaust in unserem Land. Solche Erinnerungen, die man wirklich anpacken kann, sind wichtig. Die guten und befreienden, aber auch die, die bedrückend sind. Ich kann mich von dem was nicht gut war motivieren lassen, es jetzt anders zu machen. Und von den schönen Momenten lass ich mich stärken und bewahre sie so, im besten Fall, für immer auf.

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