SWR3 Gedanken
„Meine Güte, es geht doch nur ums Zähneputzen!“ Das sage ich zu meinem dreijährigen Sohn. Wir stehen zusammen im Bad und ich versuche irgendwie eine Zahnbürste in seinen Mund zu bekommen. Dabei blicke ich in sein hochrotes Gesicht, denn er will nicht Zähneputzen und tut so als würde er gleich sterben.
Das ist die „Autonomiephase“ hat man mir gesagt. Darin lernen Kinder mit ihrem eigenen Willen umzugehen. Und obwohl diese Phase für mich als Vater super anstrengend ist, ist sie wichtig für meinen Sohn. Er lernt gerade, dass er das erreichen kann, was er möchte, aber auch, das nicht immer alles so läuft, wie er es gerne hätte. Dazu gehört sowohl, dass er strahlt, wenn er auf den Küchentisch klettert, als auch sein tägliches Drama beim Zähneputzen. Mich bringen diese täglichen Entscheidungskämpfe oft an den Rand. Aber ich gebe mein Bestes, sodass mein Sohn lernt, was im Leben nun mal sein muss und wo er selbst entscheiden kann. Er soll mit diesen Entscheidungen nicht alleine sein. Deswegen nehme ich ihn an die Hand und sage ihm immer wieder „Du schaffst das schon.“
Ich glaube, so wie mein Sohn Hand in Hand mit mir lernt eigene Entscheidungen zu treffen, so geht Gott mit mir Hand in Hand durchs Leben. Er ist für mich nicht völlig abgehoben und starr, sondern eher liebevoll und geduldig. Ich spüre, dass er bei allen meinen Entscheidungen an meiner Seite bleibt. Und wenn die Dinge nicht so laufen, wie ich will, dann hoffe ich, dass Gott das mit mir aushält. So wie ich es mit meinem Sohn beim Zähneputzen aushalte. Und wer weiß, vielleicht sagt Gott sich ja auch manchmal: „Da kommen wir jetzt nicht drum herum, aber wir gehen da gemeinsam durch.“
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