SWR4 Abendgedanken
Anfang Oktober. Ich singe im Kirchenchor, und dienstags ist für mich der Tag der Chorprobe. Es ist für mich immer wieder faszinierend, wie die Melodien, die wir geprobt haben, mir am Mittwoch und oft noch länger durch den Kopf gehen. Den ganzen Tag summe ich sie vor mich hin, und es ist, als ob die Musik ein Teil von mir wird.
Aktuell proben wir das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach. Ja, Sie haben richtig gehört – Weihnachtsklänge im Oktober! Das erinnert vielleicht ein wenig an die Lebkuchen, die im Supermarkt bereits ab September zu finden sind. Draußen genießen wir noch die spätsommerlichen Temperaturen, während drinnen die Töne erklingen, die für kalte Winterabende gedacht sind.
Es gibt einen kleinen, aber feinen Unterschied: Während die Lebkuchen im Einkaufskorb eigentlich noch eine Weile warten könnten, ist das Proben für Weihnachten eine dringende Angelegenheit. Es braucht nun mal Zeit und Übung, bis die Klänge richtig sitzen, bis alle Einsätze klappen und bis sich die hohen Töne im Sopran nicht mehr nach Kraftanstrengung anhören.
Die Musik, die wir im Chor proben, ist nicht nur eine Ansammlung von Tönen, sondern sie trägt eine Botschaft in sich: die Botschaft von Hoffnung, Freude und Licht.
Und auf diese Botschaft will ich mich gut vorbereiten. Mir Zeit nehmen, zum Beispiel bei den Chorproben. Wir müssen jetzt üben, damit die schöne Botschaft beim Weihnachtskonzert auch die Hörer erreichen kann. Und es ist eine erfüllende Erfahrung, als Chorsängerin daran Anteil zu haben, wenn dann womöglich der Funke der Begeisterung auf die Zuhörer überspringt und die Menschen sich genauso erfüllen lassen von den Klängen der Zuversicht.
Was ich im Moment an den Mittwochen vor mich hinträllere, reicht noch nicht als Verkündigung, aber die Klänge schaffen es schon jetzt im Oktober, mich gutgelaunt durch die anstrengende Zeit der Vorbereitung zu bringen. Am Tag nach der Chorprobe jedenfalls bin ich schon jetzt immer mit Vorfreude ganz und gar aufgetankt.
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