SWR1 3vor8

22SEP2024
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Wer hat hier die Macht und das Sagen? Im Büro, Fußballverein oder Kirchengemeinde wird diese Frage selten offen angesprochen. Meist gärt sie eher im Verborgenen, und das tut dem Miteinander gar nicht gut. Doch das ist nichts Neues. Schon die Bibel berichtet davon. Der Abschnitt aus dem Markusevangelium ist heute in katholischen Gottesdiensten zu hören.

Die Freunde Jesu sind mit Jesus unterwegs, und während der von Tod und Auferstehung erzählt, sind sie damit beschäftigt zu klären, wer denn nun das Sagen hat. Jesus bekommt das mit, aber er macht ihnen keine Vorwürfe, sondern sagt: „Wer der Erste sein will, soll der Diener aller sein.“ (Mk 9, 35).

Was für ein starker Satz. Und wie heilsam wäre es für unsere Welt, wenn alle sich das zu Herzen nehmen würden. Alle, die Verantwortung für andere haben: Chefinnen und Politiker, Unternehmensberaterinnen und Sporttrainer. Und auch in der Familie und unter Kollegen. Wer Verantwortung für andere hat, muss auch die Verpflichtung auf sich nehmen, für die da zu sein, die ihm anvertraut sind. Und wer Chef werden will, muss sich zuerst im Dienen beweisen.

Und damit nicht genug. Wie um das Gesagte zu unterstreichen, stellt Jesus ein Kind in die Mitte, nimmt es in seine Arme und sagt: „Wer ein solches Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf.“ (Mk 9,37).

Kind zu sein, heißt doch – ganz nüchtern betrachtet –: durchgebracht werden, bis man selbst für sich sorgen kann, machtlos und auf den Schutz anderer angewiesen sein. Allein geht es nicht. Vielmehr helfen wir Kindern dabei, erwachsen zu werden. Wir sagen ihnen, was wir toll an ihnen finden. Wir ermutigen sie, sich auszuprobieren und Talente zu entdecken. Und wir erlauben ihnen auch, Fehler zu machen und halten mit ihnen Enttäuschungen aus. Wäre es nicht wunderbar, wenn auch wir Erwachsene uns so begegnen würden? Ich glaube, diese Haltung würde uns gut zu Gesicht stehen. Denn dann ginge es weniger darum, sich selbst zu profilieren, sondern vielmehr darum, den anderen groß zu machen. Einander wie einem Kind herzlich zu begegnen und sich nicht gegenseitig die schwachen Seiten unter die Nase zu reiben.

Ich glaube, das ist der Blick, den Jesus auf uns Menschen hat. Er sieht, was in jeder und jedem von uns steckt. Und das wünscht er sich auch für uns. Dass wir einander dabei unterstützen groß zu werden. Und ich bin sicher: dann sind wir für Gott die Größten.

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