Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP
Es ist Nieder-Ingelheimer Kirchweih. Kerb – wie wir in Rheinhessen sagen. Und dazu gehört die ökumenische Eröffnung der Kerb am Freitagabend. Ein Lied wird bei der Eröffnung der Kerb auch immer gesungen. Und das eine Kirchenlied, das alle kennen, ist: Danke für diesen guten Morgen. Und weil es Abend ist, abgeändert in: Danke, für diese Abendstunde, danke, für den vergangenen Tag…
Nachdem die Kerb damit offiziell eröffnet ist, gehen wir über zum gemütlichen Teil des Abends. Alle verteilen sich über den Kerbeplatz. Es wird getrunken, gelacht, erzählt und plötzlich fängt eine an zu singen. Ich erkenne die Melodie sofort, es ist das Danke-Lied von eben aus unserer Andacht. Aber mit einem etwas abgeänderten Text: Danke für diese Kerbetage, danke für all den guten Wein, danke, für all die netten Leute und’s Zusammen sein.
Zuerst stutze ich, aber dann freue ich mich darüber, dass sich die Melodie offensichtlich als Ohrwurm in die Köpfe geschlichen hat und der Text so passend zum Anlass weiter gedichtet wird. Denn genau so ist das Danke-Lied entstanden: Mitten aus dem Leben heraus. Die Vorlage zu diesem Lied ist ein Gebet aus dem Jahr 1961. Es kommt aus Frankreich: dort gab es zu dieser Zeit Priester, die in Fabriken gearbeitet haben, um deutlich zu machen: Gott ist mitten im Leben dabei, nicht nur sonntags in der Kirche. Diese Arbeiterpriester haben das Leben mit den Fabrikarbeitern geteilt und das kann man in dem Gebet hören:
Danke Gott, für alles, was mich wach gemacht hat, für die Seife, die so gut riecht, für die erfrischende Zahnpasta. Dank für die Kleider, die mich bedecken, für ihre Farbe und ihren Schnitt. Dank für die Nahrung, die mich gestärkt hat… Einfach Danke, Gott, für all Deine Spuren, die ich in meinem Alltag entdecken kann… und auf der Kerb eben Danke für all den guten Wein. Danke, dass unser Alltag und unsere Festtage nicht gottlos sind.
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