SWR Kultur Wort zum Tag

21SEP2024
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„Solange der Bauer klagt, lebt er noch.“
Das habe ich so von einem weisen Bauern auf der Schwäbischen Alb im Ohr. Und werde das nie vergessen: Klagen ist auch ein Lebenszeichen. Und doch gehen mir Menschen auf den Geist, die unentwegt klagen.  Die immerfort etwas bemängeln, was nicht so ist, wie es sein sollte. Das Essen ist fad, die anderen Autofahrer sind verrückt und die Politiker spinnen. Über Lehrer und Ärzte und Kinder wird dann hergezogen. Da lange zuzuhören, strengt mich richtig an.

Eine Pflegerin hat mir erzählt: Nach 10 Minuten Bitterkeiten pur, ist sie völlig platt. So ein Besuch ist für sie wie ein Fläschchen Bittermandelöl auf ex getrunken. Und obwohl es mich bei Anderen so stört, kenne ich das nur zu gut von mir selber. Ich gehe mir selber mit meinen Klagen auf die Nerven.

Ich habe das mit der Muttermilch eingesogen. Alles und jedes wurde immer wieder mit Kritik versehen: Was alles falsch läuft – in der Welt und direkt vor der Tür. Mich lähmt das. Und ich will da raus.

Manchmal gelingt mir das, wenn ich an Worte aus Psalm 36 denke:
„Gott, deine Güte reicht so weit der Himmel ist
und deine Wahrheit so weit die Wolken gehen...“
Diese Worte stellen mein Leben in ein strahlendes Licht – in den Horizont der wunderbaren Wohltaten Gottes. Und das wird noch vertieft: Gottes Gerechtigkeit wird gepriesen und sein unumstößliches Recht. Und wie Gottes Güte für Mensch und Tier erlebbar wird. Behütet und geschützt werden sie – und satt von den Gütern des Hauses Gottes. Also auch geistig-seelisch satt.

Das Lobgebet mündet in ein Bekenntnis:
Bei dir (Gott) ist die Quelle des Lebens - und in deinem Lichte sehen wir das Licht.

Also nicht nur ich. Wir! Alle! Mit Licht und Leben verbunden. Diese Worte vertreiben in mir immer wieder meine Schwarzmalerei. Was diesen Psalm für mich so besonders wertvoll macht: Ich habe entdeckt: Um diese strahlenden Worte herum ist nichts als Klage.

Da schimpft einer wie ein Rohrspatz und klagt Gott an:
Warum geht es mir so schlecht und den anderen, den Bösen, so gut? Gut möglich, dass es wirklich so ist. Dass er wirklich elend dran ist. Doch selbst, wenn dem so ist: Der Klagegeist fällt sich selber ins Wort. Mit einem Mal überstrahlen die Hoffnungsworte alle seine Klagen.

Diese Psalmworte sind mir zu einer geistlich-seelischen Gymnastik geworden. Wenn ich mich mal wieder beim Jammern ertappe, dann animieren sie mich: Ich will immer wieder auch das Schöne, das Gelungene, das Befriedigende sehen! Und Gott dafür loben und danken!

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