SWR4 Abendgedanken

16SEP2024
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Am letzten Schultag vor den Sommerferien bin ich über den Schulhof gegangen. Denselben Weg, den gleich auch alle Schülerinnen und Schüler nach Hause gehen würden, die Zeugnisse im Ranzen, einen langen Sommer vor sich. Da lese ich auf dem grauen Asphalt mit bunter Kreide geschrieben: „Du bist mehr als Deine Noten.“  Etwa zehn Schritte weiter folgt eine weitere Zeile „Du bist wundervoll.“ Und wieder etwas weiter steht: „Schöne Ferien!“

Ich gebe es zu: Ich musste an diesem Morgen schnell mal blinzeln und mit den Tränen kämpfen. Denn: Die Kinder, die mit strahlendem Lächeln und nur Einsern und Zweiern nach Hause laufen, die interessiert das, was da steht, vermutlich wenig. Aber die andern, die gerade schwarz auf weiß bescheinigt bekommen haben, dass ihre Leistung eben nicht ganz so gut ist, werden die diesen Satz lesen: „Du bist mehr als deine Noten!“? Und wird das ein Trost für sie sein? Ich hoffe es aus ganzem Herzen. Denn für mich ist es in diesem Moment wie ein Fingerzeig von oben, der mich daran erinnert, was Gott versprochen hat:  

„Du bist mehr, als Deine Noten. Du bist wundervoll!“ – Es tut auch mir gut, wenn ich das gesagt bekomme. Gerade in den Momenten, in denen ich daran zweifele. Und solche Momente gibt es ganz sicher auch im Leben einer Lehrerin. Dann gilt der Satz auch mir: Du bist mehr als all das, was schief geht. Du bist wundervoll.

Manchmal, wenn alles um mich herum einzustürzen droht, dann kann ich das nicht glauben. Dann hilft es nichts, mir zu sagen: „Lass mal an uns selber glauben…“, wie die Lyrikerin Julia Engelmann einen ihrer Gedichtbände nennt. Manchmal, da glaube ich nicht mehr mal daran, dass Gott sein Versprechen hält, an mich zu glauben. Und dann kann auch ich nur drauf vertrauen, irgendwann doch wieder Gottes Zusage zu spüren:

„Wenn Du schon lange nicht mehr an Dich glauben kannst, und an mich schon erst recht nicht, dann glaube ich weiter an dich. Wenn Du Dich so gar nicht leiden kannst, Dich hässlich, grausam, lieblos findest, dann mag das ja alles stimmen. Aber ich liebe dich trotzdem.“

Nun hat das neue Schuljahr begonnen. Der Schriftzug auf dem Schulhof ist längst vom Regen weggewaschen. Aber ich nehme mir vor, ihn trotzdem mit ins neue Schuljahr zu nehmen. Und ihn mir und auch meinen Schülern und Schülerinnen ab und an zu sagen: „Du bist mehr, als Deine Noten. Du bist wundervoll!“ – Genau das ist es!

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