Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP
In diesem Sommer habe ich mir einen Füller gekauft. Und ich hoffe, dass ich mit dem Füller einfach wieder schöner und lesbarer schreibe. In den letzten Jahren ist meine Schrift immer krakeliger geworden. Und da dachte ich, ein Füller könnte mir helfen, dass sich das wieder ändert.
Ganz altmodisch mit der Hand zu schreiben, ist ja bis heute in der Schule wichtig. Buchstabe für Buchstabe wird geübt und genau in die Zeilen platziert. Und nach und nach entwickelt sich die ganz eigene Handschrift heraus. Graphologen können aus der Handschrift einiges ableiten. Neigung, Größe, Abstände und Druck verraten dem Fachmann einige Persönlichkeitsmerkmale. Ich kann das nicht. Ich weiß nur, die Handschrift ist so einzigartig wie der Mensch, zu dem sie gehört.
Mir ist das erst letztlich wieder bewusstgeworden. Als mir ein Stapel alter Briefe in die Hände gefallen ist. Noch bevor ich den jeweiligen Absender gesehen habe, wusste ich, von wem der Brief war. Ich kenne die Schrift meiner Mutter. Meines Mannes. Meiner Töchter. Die Schrift der früheren Schulfreundin. Und dann war da dieser Brief, den mir meine Familie vor vielen Jahren nach Frankreich während eines Schüleraustausches geschrieben hat. Auf dem Umschlag waren Wünsche an mich formuliert. Und die jeweiligen Handschriften haben mir verraten, wer mir was wünscht. Ich konnte die Sätze auch nach all den Jahren noch den Menschen zuordnen.
Für mich ist das ein Grund mehr, meine Handschrift zu pflegen. Zum Beispiel mit einem neuen Füller, um das, was meine Schrift so unverwechselbar macht, zu bewahren.
Aber auch sonst lohnt es sich, immer wieder mal zu überlegen, was macht mich einzigartig? Woran bin ich erkennbar? Was möchte ich auch davon zeigen und bewahren?
Vielleicht meine eigene Art, mit anderen in Kontakt zu kommen. Oder mit Schwierigkeiten umzugehen. Vielleicht ein besonderer Kleidungsstil. Oder der Humor, der gute Laune verbreitet. Was macht mich unverwechselbar? Und was Sie?
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