Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP
Nach vielen Jahren hat mir meine Arbeitgeberin einen neuen Laptop zur Verfügung gestellt. Echt super. Der alte war wirklich alt, der Lautsprecher knarzte, die Programme stürzten immer wieder ab. Allerdings hat es Zeit gekostet, sich an das neue Gerät zu gewöhnen. Mit dem alten kannte ich mich aus.
Ein bisschen ist das so, wie ich unsere Gesellschaft im Moment erlebe. Beim einem Teil laufen die alten Programme, und zwar gut, ein anderer Teil aber ist immer auf dem neuesten Stand. Das Gespräch miteinander wird da schwierig. Für die einen sind althergebrachte Denkmuster oder Begriffe rassistisch oder diskriminierend. Die anderen können mit dieser Sprachkritik nichts anfangen. Die einen sorgen sich um die Menschen, die Leib und Leben riskieren, um irgendwie in Sicherheit zu kommen. Andere sehen vor allem die Probleme, die durch Flucht und Migration entstehen. Manche freuen sich an einer bunten Gesellschaft, mit unterschiedlichen Menschen, Kulturen und Bräuchen. Und andere fürchten, ihre gewohnte Heimat zu verlieren.
Ganz ähnlich war die Situation der ersten Christinnen und Christen. Die kamen in griechische und römische Städte, die gut funktionierten, und brachten ihren Glauben mit. Das sorgte für Konflikte. Mit denen, die was anderes glaubten. Mit denen, die es am liebsten gehabt hätten, wenn alles beim Alten bliebe. Aber auch die Christen waren unsicher. Wie leben wir unseren Glauben an unbekannten Orten? Was nehmen wir von den sogenannten Heiden an? Wie geht man mit anderen Überzeugungen um? In diese Fragen hinein schreibt Paulus, der erste christliche Missionar, in einem Brief: „Prüft alles und behaltet das Gute!“ (1 Thess 5,21) Ich finde, das ist ein klasse Ratschlag. Der lässt ganz schön Luft aus den Konflikten. Der sagt: Guckt doch mal ohne Berührungsängste, was die anderen so machen, denken und tun. Probiert aus, ob euch das auch gut tut. Und wenn nicht, seht zu, wie ihr trotzdem gut mit anderen leben könnt. Das ist anstrengend und kostet Zeit. Wie bei einem neuen Laptop. Aber lohnt sich. Macht das Leben reicher.
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