Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW
Der Dalai Lama ist ein weiser Mann. Wie ich es von jedem Religionsführer erwarte. Ich wünsche mir, viele die im Christentum, im Islam, im Judentum aufgrund ihrer Stellung etwas zu sagen haben, würden so kluge Sätze sagen wie diesen, der eben vom Dalai Lama stammt:
Menschen wurden erschaffen, um geliebt zu werden.
Dinge wurden geschaffen, um benutzt zu werden.
Der Grund, warum sich die Welt im Chaos befindet, ist,
weil Dinge geliebt und Menschen benutzt werde.
Lieben oder benutzen. Das ist eine harte Alternative. Da gibt es keine Kompromisse, ein bisschen von dem und ein bisschen vom anderen. Wer benutzt, liebt nicht. Wer liebt, darf nicht benutzen. Und wenn es dabei um Menschen geht, liegt besonders viel daran, diese Grenze zu respektieren. „Der hat mich bloß benutzt“, sagen Partner, wenn sie in ihrer Beziehung abgrundtief enttäuscht worden sind, oder Mitarbeiter, die für ihren Chef alles gemacht haben und nachher nicht mal ein Dankeschön kriegen.
Der Dalai Lama sieht das Ganze aber noch viel grundsätzlicher. Er weitet die Unterscheidung aus auf die ganze Erde und die gesamte Menschheit. Für ihn ist der Zustand unserer Welt chaotisch. Er denkt dabei wohl an die Kriege, die so sinnlos sind, die so viele Menschen das Leben kosten. Einen Krieg wie den gegen die Ukraine kann man nur führen, wenn einem die Menschen egal sind, sie nicht als Geschöpfe betrachtet werden. In so einem Krieg werden Menschen wie eine Ware benutzt – die im feindlichen Land und die eigenen. Genauso chaotisch wird unsere Welt, wenn Menschen, die viel besitzen, zu sehr an ihrem Besitz hängen, wenn sie ständig in der Angst leben, etwas zu verlieren, dabei aber die Menschen um sie herum vergessen. Das erleben wir leider zunehmend auch in unserem Land.
Der Dalai Lama ist ein gottesfürchtiger Mann. Und weil er das ist, denkt er groß vom Menschen, achtet er jedes Menschenleben. Denn Gott hat den Menschen groß werden lassen, größer als alles auf unserem Planeten. So sieht das auch der christliche Glaube und folgert daraus: Nur wenn er geliebt ist und das weiß, kann der Mensch sein, wie er soll: gut, rücksichtsvoll, barmherzig.
Lieben oder benutzen – das ist eine feine, aber wichtige Unterscheidung. Sie zu respektieren, vertreibt eine Menge Chaos aus unserer Welt und macht sie besser.
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