SWR4 Abendgedanken

28AUG2024
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Wenn man die Augustinerkirche in Würzburg betritt, steht man vor einer großen bronzenen Wand. Man muss um diese herumgehen, um in den Kirchenraum zu kommen. Und auf dieser Wand stehen in großen Buchstaben nur fünf Worte: Ich will, dass Du bist! Dieser Satz ist inspiriert von dem Mann, an den die katholische Kirche heute denkt. Den heiligen Augustinus. Für mich bringen diese fünf Worte die ganze christliche Grundhaltung auf den Punkt, wie ich Menschen begegnen möchte: Ich will, dass du bist!

Als Pfarrer begegne ich ziemlich vielen Menschen und führe viele Gespräche. Vor freudigen Anlässen zum Beispiel, wie Taufen und Hochzeiten, aber auch in schweren Situationen nach Todesfällen. Mit manchen Menschen spreche ich auch ganz regelmäßig über ihr Leben und ihren Glauben. Ich erlebe dabei immer wieder, dass es für manche sehr ungewohnt ist, mit jemanden über den eigenen Glauben zu reden. Ich habe das selbst auch so erlebt. Als Student war ich alle paar Wochen bei einem Pfarrer zum Gespräch. Am Anfang war das für mich total ungewohnt, weil ich nicht genau wusste, wie das abläuft. Ich erinnere mich noch gut an dieses Gefühl, wie ich das ein um das andere Mal dort hingelaufen bin und mich gefragt hab: Hoffentlich ist er damit zufrieden, was ich ihm heute erzähle. Ich habe ein paar Gespräche gebraucht, um zu kapieren: Es geht gar nicht darum, dass der zufrieden ist. Es geht um mich. Um meine Themen. Das Gespräch war dazu da mir zu helfen. Meinen Lebens- und Glaubensweg zu finden. Mit Augustinus gesprochen: Ich zu werden.

Seitdem ist das für mich eine Grundhaltung in allen Gesprächen geworden. Nicht nur vor Taufen, Hochzeiten oder Beerdigungen. In allen Begegnungen und Gesprächen! Dem Gegenüber klarzumachen: Ich will nicht, dass du anders bist. Dich verbiegen musst. Mir irgendetwas bieten musst. Nein. Ich will, dass Du bist! Weil du gut bist, wie du bist. Weil ich glaube, dass Gott jeden liebt, wie er ist. Ohne Voraussetzung. Für mich bedeutet das, dem anderen liebevoll zu begegnen und nicht fordernd. Im Christentum gibt es ein Wort dafür, dass diese Grundhaltung auf den Punkt bringt: Nächstenliebe.

Genau deswegen finde ich diese bronzene Wand in dieser Kirche in Würzburg so genial. Weil sie mich beim ersten Schritt in die Kirche hinein daran erinnert, worum es im Christentum geht: Ich will, dass Du bist!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40586
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