SWR Kultur Wort zum Tag
Es ist ja vielleicht nur eine Legende, jedenfalls gut erzählt. Und es ist eine Strandgeschichte, passt also wenigstens äußerlich zu Ferien und Sonne und Strand-Stimmungen; Ende August eben... Hat zu tun mit dem Menschen, der heute auf dem HeiligenKalender steht: Augustinus von Hippo in Nordafrika, zu spät-römischen Zeiten, um die Jahrhundertwende vom 4. zum 5. Jahrhundert, also vor mehr als anderthalb tausend Jahren.
Er gilt als Kirchenvater – und das vor allem, weil er wichtige neue Gedanken aufgeschrieben hat über GOtt und die Welt und die Kirche und die Christen und ihre Moral...
Jedenfalls wird erzählt, wie Augustinus am Ufer des Meeres entlang spaziert in tiefes Nachdenken versunken – damals hatte man eher keine Ferien. Bischöfe und Theologen waren sowieso immer im Dienst. Und da sieht der große Heilige einen kleinen Jungen, der mit einer Muschel Wasser schöpft und in eine Sandgrube gießt. Was tust du denn da, junger Mann? „Das selbe, was du tust!" Wie er das meint? „Du willst alles über Gott ausschöpfen mit deinen Gedanken - und ich schöpfe nur das Meer aus!"
Stopp. Kleiner denken und einfacher. Am Boden bleiben mit deinem Glauben und mit deiner Kirche und mit der ganzen Theologie: Das möchte man vielen Theologen wünschen und manchen anderen Wissenschaftlern übrigens auch. Was manche vorhaben oder sich vorstellen, das ist doch ein paar Nummern zu groß.
Papst Franziskus macht es allen immer wieder mal vor; der Papst, der als allererstes Wort nach seiner Wahl „Guten Abend" gesagt hat, statt die Leute am Petersplatz mit frommen Floskeln zu begrüßen; der höchstpersönlich seine Hotelrechnung vom Konklave gezahlt hat; der möglichst im Kleinwagen herumgefahren ist, solange das noch ging: so einer ist weit weg von der Idee, das Meer auszuschöpfen oder GOtt in den Griff zu kriegen. Der bleibt nah bei den Menschen – und könnte ein gutes Vorbild sein für alle in seiner Kirche. Wer könnte auch nur versuchen, alles zu wissen über GOtt und Engel und Himmel; wer könnte die Moral im Griff haben und bestimmen können, wer wie zu leben und wen zu lieben hat…
Meine Kirche wünsche ich mir lieber nah und persönlich bei den Menschen und gemeinsam mit ihnen auf der Suche und auf dem Weg...
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