SWR4 Abendgedanken
Meine dreijährige Nichte Anna ist zu Besuch. Ein Grund für mich, das Lego aus meinem Keller zu holen. Mit dem habe ich selbst als Kind richtig gerne gespielt. Früher haben mein Bruder und ich stundenlang gebaut: Häuser mit vielen Balkonen, Autos mit Flammenwerfer-Auspuff und fliegende Schiffe. Das war klasse. Doch irgendwann sind die Kisten voller Klemmbausteinen und Ideen in den Keller gewandert. Fast zwei Jahrzehnte lang waren sie jetzt da unten. Sind von einem zum anderen Umzug immer mitgezogen. Ich habe mich von den Klemmbausteinen nie trennen können. Zu viele schöne Erinnerungen an tolle Nachmittage hängen an ihnen. Und jetzt ist es endlich so weit. Ich kann sie wieder rausholen – für meine Nichte.
Auch wir bauen einen ganzen Nachmittag lang: Häuser, fliegende Schiffe und Autos mit kreativen Konstruktionen. Sie ist begeistert dabei und ich auch. Ihre Begeisterung ist richtig ansteckend. Und sie erinnert mich daran, wie wichtig es ist, die Welt durch die Augen eines Kindes zu sehen.
Es gibt etwas Magisches an der Art und Weise, wie Kinder die Welt wahrnehmen. Sie sind von Natur aus neugierig, erkunden jeden Winkel und jede Ecke mit einer Begeisterung, die ich als Erwachsener irgendwie, irgendwann verloren habe.
Neugierig sein und die Welt entdecken. Offen sein für andere, weil ich von ihnen lernen kann. Kreativ, seine eigenen Ideen entwickeln. Das sind Eigenschaften, die Kindern zugeschrieben werden.
Diese Fähigkeiten von Kindern fand Jesus schon vor über 2000 Jahren so faszinierend, dass er gesagt hat: „Lasst die Kinder zu mir kommen, denn ihnen gehört das Himmelreich.“ Das ist ein starkes Bild für mich. Jesus fordert mich als Erwachsenen dazu auf: Auch ich soll neugierig sein und bleiben. Die Welt mit offenen Augen entdecken. Und mit dem, was ich kann, kreativ umgehen, um eine Idee dafür zu entwickeln, was ich in dieser Welt verändern kann.
Kinder leben im Moment, ohne die Last der Vergangenheit oder die Sorgen um die Zukunft. Sie vertrauen darauf, dass alles gut wird, und lassen sich von der Welt um sich herum verzaubern. Das zeigt für mich, wie wertvoll die kindliche Perspektive ist.
Dadurch wird die Welt ein Ort, an dem es viel Gutes zu entdecken gibt – nicht weil ich naiv bin. Sondern kreativ, offen und neugierig. So wie meine Nichte.
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